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Samstag, 11. März 2023

Mugler Angel EDP: Hält es, was es verspricht, und für wen ist dies der richtige Duft

Ich wollte das Eau de Parfum (EDP) Angel kennenlernen, nachdem ich viel Lob über diesen Pionierduft der 1990er aus dem Hause Thierry Mugler gehört habe. Allerdings wurde die Formulierung seit dem Übergang an L’Oreal angeblich verändert und verwässert. Ich konnte nur die von mir 2023 bei Douglas gekaufte Version Angel EDP refillable 15 ml Limited Edition testen, wobei aus der Beschreibung nicht hervorgeht, aus welchem Jahr die Formulierung stammt. Dies sind meine Erfahrungen mit diesem ikonischen Duft. (Werbung wegen Markennennung, alles selbst gekaut)

Mugler Angel refillable 15 ml Limited Edition hat einen schönen wasserblauen Flakon in schräger Sternform (das ist keine Perspektive, sondern die Strahlen des Sterns sind unterschiedlich lang). Es gibt den Flakon in drei weiteren Größen bis 100 ml und er ist nachfüllbar.
Auf der aktuellen Mugler-Website heißt es (Vorsicht: Werbesprache): „Eine Angel-Frau wagt es, ihre Träume wahr zu machen, und lässt sich dabei von ihrem blauen Stern leiten. Sie ist selbstbewusst und verführerisch und fasziniert die Menschen, die ihren Pfad kreuzen. Zwischen Macht und Vergnügen benutzt sie ihre Ultra-Weiblichkeit als ihre Signatur…“ Entsprechend wurde das Parfum über die Jahre auch erfolgreich beworben, ein Parfum für Frauen, die selbstbewusst für sich stehen und gleichzeitig unwiderstehlich sexy sind. 1998 wurde Angel EDP mehr verkauft als Chanel No 5 EDP. Allerdings ist das heutige Mugler-Angel-Parfum, das jetzt von L’Oreal vertrieben wird, ein anderes als das ursprüngliche. Umso gespannter war ich.

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Laut fragrantica.com ist Angel von Mugler ein Amber-Vanille-Duft, andere nennen Angel ein orientalisches Gourmand-Parfum – eines der ersten, als Angel 1992 von Thierry Mugler, Gründer eines Mode- und Kosmetikunternehmens in Paris, auf den Markt gebracht wurde. Seitdem wurde der Duft verändert, angeblich um es mehr dem heutigen Mainstream-Geschmack anzupassen.

Als wahrgenommene Duftakkorde werden bei fragrantica.com in abnehmender Stärke genannt: Süße, Patschuli, warme Gewürze, Früchte, Karamell, Vanille, Holzigkeit, Honig, Pudrigkeit, Schokolade genannt.

Die Duftnoten von Angel EDP sind laut fragrantica:
Kopfnote: Zuckerwatte, Kokosnuss, Cassis, Melone, Jasmin, Ananas.
Herznote: Honig, Rote Beeren, schwarze Beeren, Pflaume, Aprikose, Jasmin, Orchidee, Caraway, Muskatnuss, Rose, Maiglöckchen. Basisnote: Patschuli, Schokolade, Karamell, Tonkabohnen, Amber, Moschus, Sandelholz.

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Bei Douglas* wird der Duft als orientalisch und holzig beschrieben:
Kopfnote: Mandarine, Bergamotte
Herznote: Pfirsich, Pfingstrose
Basisnote: Amber, Vanille

In der weiteren Vorstellung heißt es, frei aus dem Englischen übersetzt: „Delikates für die Sinne - Angel von MUGLER: Ein Parfüm, das die verspielte Seite einer femininen Frau auf sinnliche Weise betont.“ Und es werden auch weitere Komponenten genannt: „Bergamotte sorgt im Auftakt für Frische und eine Aura aus Unschuld. Dewberry und goldener Honig geben dem Herzen delikate Fruchtigkeit. Patschuli, Vanille und Gourmetaromen erzeugen eine sinnlich-orientalische Note.“ Interessant sind auch die Informationen zum Flakon: „Der von Thierry Mugler entworfene, nachfüllbare Sternenflakon besticht durch die einzigartige Glasverarbeitung des französischen Traditionshauses Brosse. Jeder Flakon wir von Hand poliert und mit der silber-glitzernden Verschlusskappe gekrönt.“ Der Flakon ist wirklich sehr schön, allerdings nicht selbststehend.

Und was sagt L’Oreal auf seiner Mugler-Angel-Webseite zu den Komponenten?
Dort werden die Bestandteile in Werbesprache so beschrieben:
Kalabrische Bergamotte als himmlische Facette: „Der Geruch des Windes, des Himmels, der Landschaft, der Unendlichkeit“.
Praline als die köstliche Facette: “Die allgemeine Sucht nach Gourmands, verbunden mit roten Früchten, süßen Düften nach Pralinenaromen und Karamell erzeugen ein unwiderstehliches Verlangen durch den noch nie dagewesenen Einsatz von Ethylmaltol (künstlich hergestellte organisch-chemische Verbindung, Anm. der Verfasserin) in der Parfümerzeugung.
Patschuli – die sinnliche Facette: “Heraufbeschwörung der Sinneslust und der Ultra-Weiblichkeit, erwärmt durch Ambertöne der reinen Vanille in Überdosis, verzaubert, verführt Patschuli: die Quintessenz des Weiblichen.

Mugler Angel EDP: Ein ikonischer Duft in einem ikonischen Flakon, aber kein Blind Buy. Unbedingt vorher mehrere Male auf der eigenen Haut ausprobieren!
Meine Eindrücke und Erfahrungen:
Mein erster Dufteindruck nach einem Spritzer in die Armbeuge aus kurzer Entfernung: Ich roch süße, warme und ein paar dunkle Noten, aber auch für meine Nase Undefinierbares, das mir nicht dazu zu passen schien. Der Duft war stark und klammerte sich an mich. Als die Intensität auch nach Stunden nicht nachließ (weil ich versehentlich auch auf den Ärmel gesprüht hatte), war ich genervt.

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Mein zweiter Eindruck zwei Tage später: Dieses Mal hatte ich nicht konzentriert auf eine Stelle gesprüht, sondern von etwas weiter weg, so dass Armbeuge und Unterarm einem feineren Nebel ausgesetzt waren. Der Duft startete wieder sehr süß, warm und dunkel, ich roch Honig und Schokoladiges, aber zunehmend auch Gewürze, blumige Noten, Holzigkeit - von allem etwas. Trotzdem war ich weniger verwirrt, als beim ersten Mal und dachte, er ist eben anders als ich erwartet hatte, aber schien mir doch ganz schön und mit Tiefgang. Doch das dunkle Würzige und Holzige verschwand nach einiger Zeit und zurück blieb auf meiner Haut ein fruchtig-blumig seifiger Rest, der etwas schal bis leicht säuerlich roch, teilweise mit einem Hauch von Schweiß. Hatte ich mich während der schokoladigen, holzigen Phase mit Angel angefreundet, verschwand diese aufkeimende Liebe in der Endphase. Aber ich gab Angel eine weitere Chance.

Beim dritten Versuch war der Duft zu Anfang unerträglich sirup- und honigsüß und ich fragte mich, wo die Zuckerwatte lt. Fragrantica und die Bergamotte lt. Douglas und Mugler/L’Oreal eigentlich sind. Die warme dunkle Schokolade und die geheimnisvolle Holzigkeit kamen sehr langsam und der Duft verflachte sich viel schneller als die ersten Male. Der seifige Rest hatte etwas Billiges an sich.

Ich wusste immer noch nicht, was ich von Angel halten sollte.

Vierter Versuch, wieder einige Tage später: Ich roch an der Sprühöffnung der Flasche und ich mochte den Duft dort auf totem, glatten Material. Dann spritzte ich das EDP links und rechts in meine Armbeugen (ich nehme nicht gerne die Handgelenke, da der Duft dort durch Händewaschen, Gummihandschuhe beim Abspülen etc. verändert wird). Tatsächlich, dieses Mal nahm ich für ein paar Sekunden eine Zitrusfrische wahr, die aber sofort von sehr süßen Honig- und Sirupnoten verdrängt wurde. Als nächstes tauchte wieder die leichte Holzigkeit auf und die Komposition war für einen Moment harmonisch rund für mein Empfinden, wenngleich ich den Honig in diesem Duft als künstlich/synthetisch wahrnehme. Am Ende blieb wieder der Seifengeruch, dieses Mal aber weniger verschwitzt und ohne Schweißgeruch. Wieso auch immer: An einem Arm tauchte plötzlich mittendrin wieder ein Hauch von Bergamotte auf, während der Duft am anderen Arm bereits im letzten, dem Seifen-Stadium war.

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Der Duft entwickelte sich auf meiner Haut unberechenbar! Ich recherchierte dem noch ein wenig nach. Die meisten empfinden den Duft als feminin, vermutlich wegen der Süße, andere sehen ihn als unisex. Ich finde ihn süß, aber nicht unbedingt auf People-Pleaser-Art schmeichelnd, weil die Honignote für meine Nase zu intensiv ist und künstlich riecht. Das gourmandig kuschelige, das manche wahrnehmen, konnte ich beim ersten Mal gar nicht empfinden, ich war zu befremdet, wohl aber ein wenig beim zweiten Versuch, danach wurde er zunehmend holziger, was ihn aber auch geheimnisvoll machte, bis er dann leider für meine Nase zu Seifenresten auf verschwitzter Haut wurde. Beim dritten Versuch empfand ich die anfängliche Süße als viel zu stark, dickflüssig, zäh und künstlich und das schöne dunkle Geheimnisvolle blieb schwach, entfaltete sich nicht und ging gleich in die Seifenphase über, dieses Mal aber schwach nach Honig duftend und ohne das Säuerliche. Ähnlich verlief auch der vierte Versuch.

Jemand schrieb in einem Forum, Angel röche nach Schweiß und Sex - das konnte ich erst gar nicht nachvollziehen, aber als ich bei meinem zweiten Test zuerst an dem freundlicheren, gefälligeren Duft Good Girl Supreme EDP roch, den ich auf den linken Arm aufgetragen hatte, und gleich danach zum Vergleich an Angel auf meinem rechten Arm, nahm ich auch für einen Moment einen Hauch Schweiß wahr. Dieser Schweiß-Dufteindruck war zwar sofort wieder weg, aber ich konnte das Erlebnis mehrmals hintereinander wiederholen. Solche „schmutzigen“ indolischen Beiklänge (das sind neben Schweiß- auch Kadaver- und Fäkaliengerüche sowie pflanzliche Fäulnisnoten, Buttersäuregeruch etc.) sind auch mehr oder weniger prominente Bestandteile natürlicher Blumendüfte. Sie können, geschickt und vorsichtig dosiert eingesetzt, einem künstlichen Duft das Natürliche zurückgeben, dem Duft mehr Tiefe und Komplexität verleihen und anderes mehr (hier gibt es ein interessantes YouTube-Video dazu von Claire Smith über Indoles). Ich mochte das Seifige schon nicht, das ich auf meiner Haut meistens am Ende roch. Und die gelegentlichen Schweißmoleküle, die ich bei einigen meiner kleinen Tests wahrnahm, machten es nicht besser.

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Fazit
Angel EDP ist für mich auf meiner Haut zu Anfang stark, dominant und extrem honigsüß, aber nicht allzu langanhaltend (aber auf Stoff bleibt der Duft ewig haften). Manche nennen Angel ein Beast, für andere ist Angel ein Migräneauslöser. Es ist allerdings schwierig, die Reviews und Bewertungen in den Foren einzuordnen, da man nicht weiß, auf welche Version von Angel sich der jeweilige Mensch bezieht: auf die Originalversion von Thierry Mugler oder auf welche der späteren Umformulierungen.

Angel ist relativ komplex und für manche schwierig, ich las in Beschreibungen anderer sogar die Beurteilungen „makaber“ und „futuristisch“. Wieder andere finden Angel animalisch und sexy. Angel riecht jedenfalls an jedem Menschen anders, unter anderem abhängig von der Hormonsituation und den jeweiligen Hauteigenschaften. Und jede/jeder riecht andere Komponenten heraus.

Ich weiß nicht, wie die ursprüngliche Formulierung von Thierry Mugler‘s Angel war, angeblich wesentlich beastiger und herausfordernder. Mir persönlich ist der Duft von Angel EDP, so wie ich das EDP heute habe, am Anfang zu süß – zwischen Sirup und Honig –, während der weiteren Entfaltung manchmal kurz wundervoll, mal mehr und mal fast gar nicht holzig, aber am Ende bleibt auf meiner Haut und in meiner Wahrnehmen meist der Geruch eines mit Seifenwasser durchtränkten Waschlappens, den man auf dem Waschbeckenrand vergessen hat, gelegentlich noch mit Schweißeindrücken.

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Ich persönlich finde den Duft interessant, aber zu unvorhersagbar, um ihn beispielsweise in einer beruflichen Situation zu tragen. Er trifft nur in manchen Phasen meinen Geschmack. Er ist meiner Meinung nach und so, wie ich ihn an mir riechen konnte, ein Freizeit-, vielleicht auch ein Partyduft für jüngere Menschen. Für mich persönlich finde ich ihn weniger geeignet, denn was an Menschen in jüngeren Jahren vielleicht noch als sexy und sinnlich rüberkommt, könnte bei älteren wie mir als „verschwitzte alte Frau“ interpretiert werden. Trotzdem bereue ich nicht, den Duft blind gekauft zu haben: Der Flakon ist so niedlich und ab und zu rieche ich gerne an der Flasche dieses ungewöhnlichen Duftes, der Parfumgeschichte gemacht hat.

Tipps
Man sollte sich von meinem Duftabenteuer mit Angel EDP nicht negativ beeinflussen lassen, es gibt viele, die Angel als das beste Parfum aller Zeiten bewerten (einzelne andere allerdings für das Ekligste, was sie jemals gerochen haben). Wieder andere lieben den Duft, aber bekommen davon Migräne, und viele haben ihre Meinung im Laufe der Zeit geändert, weil sich ihre Haut und/oder ihre Wahrnehmung verändert haben (ähnliches hört man ja auch von Baccarat Rouge 540 und dessen Dupes). Da hilft nur eines: Man muss Angel selbst ausprobieren.

Weniger ist mehr - vor allem zu Anfang empfehle ich, nur einmal aus etwas Entfernung zu sprühen. Man kann auch vor dem Körper in die Luft sprühen und die Duftwolke durchschreiten. Je nach Gefallen kann man die Dosis und die Nähe zur Nase steigern. Manche geben den Duft nur auf ihr Haar und benutzen für den Körper andere, schmeichelndere und weniger synthetisch anmutende Düfte in Form von appetitlich parfümierten Cremes, Lotionen o. Ä.

Man sollte Angel EDP von Mugler keinesfalls blind kaufen, jedenfalls keinen 100-ml-Flakon, sondern den Duft vorher, am besten mehrmals, auf der eigenen Haut testen. Angel ist für mich kein niedliches Düftchen zum Aufhübschen, Angel EDP ist ein Statement, und man sollte wissen, was man tut, wenn man ihn aufträgt. Von der alten Angel-Version, hieß es, der Duft sei ein Monster, das eine mutige Person als Trägerin oder Träger braucht.

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Wegen seiner Unvorhersehbarkeit auf meiner Haut, wird Angel EDP wahrscheinlich nicht einer meiner Lieblingsdüfte und daher auch nicht zu besonderen Gelegenheiten zum Einsatz kommen. Für manch andere ist Angel ein wärmender Duft, mit dem man sich an kalten Tagen zuhause einkuschelt - das ist er für mich nicht, weil die Süße und dunkle Wärme auf meiner Haut zuerst viel zu stark und zu synthetisch sind und dann nach relativ kurzer Zeit verschwinden, um gleich danach entweder der Holzigkeit oder gleich einer schalen Seifigkeit Platz zu machen. (Zu solchen Einkuschel-Gelegenheiten hülle ich mich lieber in YSL Libre (Intense), Jean Paul Gaultier Scandal, Dolce & Gabbana The Only One for women EDP (INTENSE), siehe Die schönsten Düfte, oder greife ganz simpel zu einem der gourmandigen Body Mists von Sol de Janeiro wie Brazilian Crush Cheirosa '62 oder Brazilian Crush Cheirosa '71.

Demnächst folgen Reviews zu YSL Black Opium Le Parfum EDP und eventuell auch zu Mugler Alien EDP (davon habe ich allerdings nur eine Probe, die mich bisher nicht so begeistert, es ist ebenfalls ein umformulierter Parfum-Klassiker).

* Werbelink

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Montag, 30. Januar 2023

Der Mikayla-L'Oreal-Wimperntusche-Skandal auf TikTok (oder: Lügen Influencer für Geld?)

Nicht nur Beauty-TikTok, sondern alle Social-Media-Kanäle diskutieren hitzig über das „Mikayla Nogueira MASCARAGATE“: Es geht um Mikaylas Glaubwürdigkeit, um mögliche Verbrauchertäuschung und inwieweit L’Oreal davon gewusst, es möglicherweise (unwillentlich) (heraus)gefordert hat? (Meinungsbeitrag. Dieser Beitrag erwähnt außerdem Marken, ist aber nicht gesponsert, alle Produkte habe ich selbst gekauft. Letzte Aktualisierung am 10.2.2023)

Wir KäuferInnen von Mascaras träumen von schönen, langen und vollen Wimpern und glauben gerne jedem Versprechen. Sehr oft werden wir enttäuscht. Ja klar, es gibt Unterschiede zwischen den verschiedenen Wimperntuschen: verlängernd, verdichtend, verdickend, wasserfest, schwitzfest ("fuckproof") und so weiter. Aber wirklich zaubern und aus drei spärlichen kurzen Härchen einen mit vollen langen Wimpern umkränzten Augenaufschlag machen, können sie nicht. Dazu benötigt man tatsächlich falsche Wimpern - die gibt es für das komplette Lid, Teile davon oder als einzelne kleine Wimpernbüschel in vielen Ausführungen und manche wirken wie echte Wimpern.


InfluencerInnen und Contentschaffende haben Macht
Die Macht der Influencer und Influencerinnen basiert auf dem Vertrauen, das ihre Follower und Fans in sie haben, oft gepaart mit Bewunderung und Zuneigung. Die Empfehlung eines Influencers oder einer Influencerin mit Millionen von Anhängern kann ein Produkt in kürzester Zeit weltweit ausverkaufen (Jeffree Star hat es immer wieder auf YouTube gezeigt - ohne Sponsorship und Gegenleistung, weil er diese für sich ablehnt).

Mit einer Empfehlung verdient nicht nur ein sponsernder Beauty-Konzern unter Umständen Millionen, sondern - wenn es einen entsprechenden Sponsorship-Vertrag gibt - auch der/die Top-InfluencerIn, manche im sechsstelligen Bereich.

Werbekennzeichnung
Bezahlte Produktvorstellungen, Reviews, gesponserte Videos etc. - alle Aktivitäten, für die es eine Gegenleistung gab, müssen bei uns in Deutschland aus Verbraucherschutzgründen eindeutig als Werbung gekennzeichnet werden. In den USA gibt es eine entsprechende Vorschrift der Federal Trade Commission. Ob das bei dem kontroversen TikTok-Beitrag von Anfang an so war, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall ist er jetzt als "Bezahlte Partnerschaft" markiert.

(In Deutschland ist man hinsichtlich der Werbekennzeichnung noch krasser: Sogar wenn man eine Marke beispielsweise bei Instagram nur erwähnt und dabei einen @Link zur Marke setzt, damit die davon weiß und den Post vielleicht teilt, was eine gewisse Anerkennung und neue Follower generiert, muss man den Beitrag oder die Story als Werbung kennzeichnen, da es aufgrund der Veröffentlichung in der Zukunft zu einer bezahlten Zusammenarbeit kommen könnte (Instagram und ich sind schon ganz verwirrt, weil ich als deutsche Mikro-InfluencerIn inzwischen aus Angst alles als #Werbung oder #ad kennzeichne, aber dann die bezahlte Werbepartnerschaft-Markierung durch Instagram verweigere, denn ich habe ja nichts bekommen und rechne auch nicht damit).

So nahm das Mikayla-Mascaragate seinen Lauf
Produktinformationen bei Amazon.de - Werbelink
L'Oreal verschickte diese Wimperntusche L'Oreal Paris Telescopic Lift (* Werbelink) angeblich an verschiedene InfluencerInnen, die sie ihren Followern in einem Review vorstellen sollten. Die Produktbeschreibung ist wie immer vielversprechend, wie man auf der Amazon.de-Seite (* Werbelink) lesen kann. Von der Werbung ist man das ja gewohnt, aber ob das Produkt auch hält, was versprochen wird? Das will man vom Influencer oder der Influencerin des Vertrauens wissen.
In einem von L’Oreal gesponserten TikTok-Video über eine neue, beinahe Wunder vollbringende Wimperntusche trägt die derzeitige TikTok-Beauty-Queen, Mikayla Nogueira (14,4 Mio. TikTok-Follower) diese Wimperntusche auf. Man sieht nach einmaligem Auftragen eine anständige Performance - für eine Wimperntusche in der recht günstigen Preisklasse wirklich nicht schlecht. Mikayla Nogueira wiederholt das Auftragen noch ein- oder mehrmals – was ganz normal ist, jeder Anwender macht das, legt mehrere Lagen übereinander, um die Wirkung zu verstärken - je nach Wimperntuschentyp muss man das schnell hintereinander machen wie bei Tubing Mascaras (beispielsweise "Fuckproof" von Jeffree Star Cosmetics) oder die Lagen zwischendrin trocknen lassen ("herkömmliche Mascaras"). Doch als Mikayla Nogueira das Endergebnis zeigt und schwärmt, wie toll diese Wimperntusche sei, sieht es so aus, als habe sie im äußeren Augenbereich falsche Wimpern dazu geklebt (und da ich so ein InfluencerInnen-Verhalten nicht unterstütze, gibt es von mir keinen Link zu ihrem Video). Nogueira's Wimpern sind plötzlich nicht nur länger, sondern scheinen auch mehr geworden zu sein. Lashgate! Das wirkt nicht echt! Dieser Meinung sind jedenfalls viele ihrer ZuschauerInnen, aber auch die alten YouTube-Beauty-Profis und Beauty-Dramakanäle.

Welche Folgen sind zu erwarten?
Von ihren Beauty-Gurus auf den Social-Media-Plattformen erwarten die Follower und Fans Ehrlichkeit und Transparenz. Wird diese Erwartung enttäuscht, ist die Glaubwürdigkeit und auch die Fanliebe schnell dahin. Enttäuschte Liebe kann starke Reaktionen hervorrufen.

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Hier die spontane und auf mich sehr ehrlich wirkende Reaktion von YouTuberin Kathleen Fuentes alias KathleenLights bei Instagram, nachdem sie das TikTok-Video von Mikayla gesehen hatte. Hier ist eine Aufzeichnung ihrer spontanen Instagram Story, die jemand bei reddit.com gepostet hat:

Auch Jeffree Star hat reagiert und zwar auf TikTok.

@jeffreestar The truth about the @mikaylanogueira lash scandal ❤️ PS. My stitches and duets are turned on. #lorealtelescopic #jeffreestar #makeupreview #mascara ♬ original sound - Jeffree Star


Jeffree Star ist immer ehrlich, wenn es um Make-up- oder Hautpflege*-Produktqualität geht, und hat schon oft Produkte, auch der abgehobensten und teuersten Luxusmarken, auf seinem YouTube-Kanal bloßgestellt, wenn es gerechtfertigt war (inzwischen ist er hauptsächlich auf TikTok, bei Instagram und Twitter aktiv). Jeffree Star ist aber auch nicht auf das Geld von Sponsoren angewiesen, im Gegenteil, er lehnt dieses für sich ab, denn er hat sein eigenes Beautyunternehmen Jeffree Star Cosmetics (JSC), gegründet 2014, und andere Unternehmungen (Star Yak Ranch, Jeffree Star Pets, Jeffree Star Lounge und mehr), mit denen er Geld verdient. Sponsorship-Deals (Werbepartnerschaften) geht er nicht ein. Ich erinnere mich nicht genau, wann es war, aber er erzählte bei einer Gelegenheit, ein anfragender Auftraggeber habe ihm für viel Geld nicht nur eine Meinung zu dem einen Produkt, das er vorstellen sollte, sondern gleich zum gesamten Sortiment dieser und der Schwesternmarken per Knebelvertrag diktieren wollen. Er schien davon sehr enttäuscht zu sein - es ist ihm meinem Eindruck nach wichtiger, als Kritiker ernst genommen zu werden, nicht als Zugpferd. Es gab allerdings auch Ausnahmen von seiner Regel: So ist er eine Zusammenarbeit mit Jouer eingegangen und hat nach Jahren einen Code von Morphe akzeptiert, beide, um seinen Gewinn daran an gemeinnützige Projekte zu spenden. Seine Fans und Followers sind jedenfalls begeistert, dass er sich hier zu Wort gemeldet hat und dass er in Zukunft wieder mehr Make-up-Reviews machen will. Sie betteln, dass er auch wieder zu YouTube kommen soll, aber davon will er zumindest derzeit nichts wissen.

Meine eigene Erfahrung mit besagter Wimperntusche
Inzwischen habe ich die Wimperntusche auch selbst gekauft (um ein Foto von dem angeblichen Corpus delicti machen zu können) und sie selbst ausprobiert. Ich find sie für den Preis wirklich gut und habe sie gut vertragen, aber sie ist nicht die beste Mascara, die ich jemals gekauft und ausprobiert habe (nach meinem subjektiven Eindruck, verschiedene Personen haben unterschiedliche Augen, Wimpern und Lider). Doch haben die besseren Wimperntuschen, die ich benutzt habe, auch das Doppelte bis Dreifache gekostet - was aber nicht zu dem Umkehrschluss führen sollte, dass alle Mascaras, die doppelt oder dreimal so teuer sind, besser sind.

Wie konnte es zum Mikayla Nogueira LASHGATE kommen?

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie man sich über den Auftrag einer Firma freut, die oder deren Produkte man schätzt. Ich glaube, dass man dann, möglicherweise und ohne es zu merken, voreingenommen ist. Aber es ist ein Unterschied, ob man mögliche negativen Seiten nicht sieht beziehungsweise auf die guten Seiten stärker fokussiert, aber insgesamt nach besten Wissen und Gewissen urteilt, oder ob man mit Täuschungsmanövern arbeitet, wie es Mikayla angeblich getan hat, letzteres kann man gar nicht unbewusst, sondern nur wissentlich.

Solche Täuschungsmanöver zur Irreführung von Beauty-KonsumentInnen durch Content-Erstellende wären in Social Media im Bereich Beauty beispielsweise
  • der Einsatz/Aktivierung von Filtern an der Kamera, die die Gesichtsform verschlanken, die Haut optisch verschönern, Wimpern und Augenbrauen automatisch optimieren und/oder anderes mehr. Viele Influencer nutzen diese Möglichkeit zwar für kleine Storys aus ihrem Alltag oder Ähnliches, um ihre Online-Persona-Erscheinung griffbereit zu haben, ohne den sonst nötigen Aufwand betreiben zu müssen. Es ist auch eine Art Maske, hinter der sie einen Teil von sich bei diesem Job der permanenten Öffentlichkeit an manchen Tagen verbergen können. Für jede Art Beauty-/Hautpflege-Produkte-Review oder auch für Anleitungen zur Anwendung ist das aber verpönt.
  • die nachträgliche Nutzung einer Videobearbeitungssoftware, mit der man im Grunde jedes Detail verändern kann. Wer einen Leberfleck oder Pickel in einem Foto oder Video wegzuretouchiert, muss nicht mit Abstrafung durch die Fans rechnen, aber in einem Review-Video, bei dem Produkte auf der Haut gezeigt werden, beispielsweise die Deckkraft, die Verbesserung des Hautbildes o. Ä., führt dies - zurecht - zu Aufruhr bei den Followern.
  • Irreführung durch Anwendung von nicht offengelegten realen Zusatzprodukten wie falsche Wimpern/Wimpernbüschel, die etwas zeigen, das nichts mit dem Produkt, dessen Eigenschaften zu zeigen man angetreten ist, zu tun hat.


Wer zu solchen Maßnahmen greift – beispielsweise aus der Befürchtung heraus, den gut bezahlten Auftrag sonst entzogen zu bekommen, riskiert als InfluencerIn sein/ihr höchstes Gut: die Glaubwürdigkeit – und die ist kaum jemals wiederherzustellen.

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Ist L’Oreal (auch) schuld?

Bei Sponsoraufträgen solch hochkalibriger Sponsoren verlangen diese oft, das Video vor der Veröffentlichung zu sehen und abzusegnen. Also hat wahrscheinlich auch L’Oreal dieses Video vorab gesehen und sich anscheinend nicht daran gestört, dass das Ergebnis im Grunde eine ziemlich offensichtliche Konsumententäuschung ist (angeblich). Oder sie haben ein Video vorab gesehen, es war nicht gut genug und sie haben eines mit einem besseren Endergebnis verlangt. Wir wissen es nicht, können nur Vermutungen anstellen.

Lügen alle InfluencerInnen?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass dem nicht so ist. Viele haben ethische Ansprüche oder auch zu viel Angst: Wer beim Lügen über ein Produkt oder Faken von Ergebnissen erwischt wird, verliert seinen guten Ruf und seine Glaubwürdigkeit als InfluencerIn. Das Internet vergisst so etwas nicht: Alle kleinen und großen Fehler und Missetaten, egal wie lange sie her sind, werden immer wieder auf den Tisch gebracht, oft aufgebläht, dazu weitere erfunden beziehungsweise Dinge verdreht dargestellt, um das Narrativ zu bestätigen. Die Währung vieler Dramakanäle ist die Empörung - ob gerecht oder ungerecht, ob falsch oder richtig, wird da gerne vergessen. Und deren Follower lassen sich leider zu oft bereitwillig aufwiegeln und schließen sich zu einem Cancel-Mob zusammen. Wer als InfluencerIn zum ersten Mal in Social Media am Pranger steht, kann mit einer glaubhaften Entschuldigung und einem Versprechen unter echten Tränen, es nie wieder zu tun, vielleicht die treuesten Fans besänftigen. Viele nehmen mehr oder weniger schnell ihren Hut.

Leider haben sich bis heute weder Mikayla Nogueira noch L’Oreal erklärt (vielleicht haben wir uns ja alle getäuscht und es gibt eine Erklärung?) oder entschuldigt. Möglicherweise war auch eine Agentur oder eine sonstige Mittlerperson involviert und übte Druck aus.

Allerdings könnte ein öffentliches Eingeständnis einer Verbrauchertäuschung wohl auch rechtliche Konsequenzen haben (in Deutschland fiele ein solches Verhalten wohl unter den Unlauteren Wettbewerb. Das ist laut Wikipedia: "Jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst" (UWG, Art. 2). Es darf vermutet werden, dass es etwas Ähnliches auch in den USA und anderswo gibt und dass sich Anwälte und PR-Berater derzeit die Köpfe heiß reden. Auf jeden Fall tun das die Dramakanäle wie hier Rich Lux bei YouTube. Sie werden gerade erst warm.



* Werbelink/Affiliate-Link (bei einem Einkauf, der über eine Buchabbildung oder mit einem Sternchen versehenen Link zustande kommt, bekomme ich unter Umständen eine kleine Provision)

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