Montag, 29. Juli 2019

Eigenes Auto oder Carsharing?

Als Verbraucher hat man oft etwas zu meckern - und das zu Recht. Heute will ich mich allerdings mit mir selbst als Verbraucherin kritisch auseinandersetzen: Bin ich in der Lage, meine Flexibilität und Bequemlichkeit zugunsten von Ökogewissen, Sparen und Vernunft aufzugeben? Oder genauer gefragt: Kann ich auf mein eigenes Auto verzichten, nur weil es Sinn macht? (aktualisiert 2019)

Muss ich ein eigenes Auto haben oder soll ich an einem
Carsharing-Projekt teilnehmen?

Eigentlich ist direkt vor unserem Haus eine Bushaltestelle, von der aus man mit dem Bus in wenigen Minuten zum Bahnhof oder in die Innenstadt kommt. Eigentlich ist der Bahnhof auch zu Fuß in 15 Minuten zu erreichen.

Eigentlich arbeite ich von zu Hause aus und muss selten zu Kunden oder Veranstaltungen. Eigentlich muss ich selten über Land fahren - und wahrscheinlich wäre das Taxifahren bei den wenigen Gelegenheiten billiger als der ganzjährige Unterhalt eines eigenen Autos mit all den Wartungen, Steuern und Versicherungen.

Eigentlich gibt es hier am Ort ein altbewährtes Carsharing-Projekt (Stadtteilauto Freising e. V.,), an dem ich vor Jahren schon einmal teilgenommen habe und zufrieden war.

Eigentlich ist es für mich ein Luxus, ein eigenes Auto zu haben, da ich es im Durchschnitt nur einmal pro Woche kurz bewege und selten länger.

Alle meine beruflichen und privaten Fahrten könnte ich auch anders organisieren. Eigentlich.

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Aber: Ich habe mich so daran gewöhnt, dass MEIN AUTO startbereit in der Tiefgarage steht. Ich freue mich, wenn ich es sehe und ich bin mir fast sicher: Hätte es einen Schwanz, würde es damit wedeln, wenn ich um die Ecke komme.
(Nachtrag: Weil ich so selten fahre, treten inzwischen immer wieder Probleme mit der Batterie auf, da guckt es dann eher vorwurfsvoll).

Besonders wenn es draußen so richtig saut oder ich ausnahmsweise einen schlechten Tag habe, ist MEIN AUTO (nennen wir es Charlie*) ein wunderbarer Trost: einfach schnell reinspringen, erledigen, was zu erledigen ist, und hinterher bequem und trockenen Fußes in der Tiefgarage wieder aussteigen. Gäbe es bei uns Drive-ins/Drive-throughs, würde ich an solchen Tagen das Shoppen gleich in Hausschuhen... Okay, ich höre lieber auf, bevor man mich für dekadent hält.

Jedenfalls: Charlie zu haben ist schön. Schöner Luxus.

Und dieser Luxus hat seinen Preis:
  • Geld
    Etwa 3.500 Euro kostet ein eigenes Auto im Durchschnitt pro Jahr, steht auf der Seite von Stadtteilauto Freising e. V., einem Carsharing-Projekt. Ich hab's nachgerechnet: Ja, stimmt in meinem Fall (Leasingwagen/Mittelklasse) in etwa. Die Kosten beim Carsharing sind abhängig von den gefahrenen Kilometern. Carsharing lohnt sich laut Stadtteilauto Freising e. V., wenn man das Auto nicht täglich braucht und weniger als 12.000 Kilometer pro Jahr fährt. Trifft beides auf mich zu.
  • Freiheit
    Ich muss für das derzeitige eigene Auto 3.500 Euro unterm Strich jährlich erwirtschaften, bin also weniger flexibel, was die Art und Menge meiner Aufträge als Freiberuflerin angeht. Ich könnte mit dem Geld etwas anderes anfangen oder mir den Luxus leisten, weniger zu verdienen. Beim Carsharing zahle ich nur, wenn ich tatsächlich einen Wagen buche - was man aber zugunsten von öffentlichen Verkehrsmitteln erfahrungsgemäß immer öfter sein lässt. Ein weiterer Vorteil von Carsharing: Ich habe mehrere Autos in verschiedenen Größen und sogar einen Anhänger zur Verfügung. Außerdem kann man sogar verbilligt mit der S-Bahn fahren und noch einige andere Vorteile mehr. Buchen geht über Telefon und Internet.
  • Belastetes Ökogewissen
    Jedes Auto verbraucht durch seine Herstellung und im Betrieb jede Menge Ressourcen und belastet die Umwelt. Ein Carsharing-Auto ersetzt laut Stadtteilauto ungefähr 6 Privatwagen, wäre also viel nachhaltiger.

Es führte damals kein Weg dran vorbei: Ich musste Charlie abgeben, damit ihn jemand bekam, der ihn dringender brauchte. Ganz konnte ich einen eigenen Wagen jedoch nicht aufgeben, sondern habe ihn durch einen wesentlich kleineren Leasingwagen ersetzt und diesen am Ende der Leasingzeit sogar übernommen.

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Wer plagt sich noch mit solchen Gedanken? Vielleicht sollten wir eine Selbsthilfegruppe gründen.

Als mein Leasing-Vertrag damals auslief und ich die Wahl hatte, das Auto zu übernehmen, den Vertrag zu verlängern oder zu beenden, fielen mir einfach nicht genügend Gründe ein, um Charlie guten Gewissens zu behalten. Als ich das Auto anschaffte, war ich in einer anderen Situation gewesen (und hatte auch auf das Finanzamt und die Absetzbarkeit von der Steuer gehofft, aber der winzige Betrag, der in meinem Fall jährlich anerkannt wird, deckt meine Nebenkosten nichtl.

Wegen der ständigen Probleme mit der leeren Batterie (weil ich nur selten fahre), mache ich mir allerdings wieder diese Gedanken: Eigenes Auto oder Carsharing? Was mich derzeit noch abhält, ist die Vorstellung, keinen Wagen zu haben, wenn ich noch älter und mal krank bin und Dinge erledigen muss.

Wie löst ihr/lösen Sie solche Entscheidungsfragen?

* Name von der Redaktion geändert

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Freitag, 19. Juli 2019

Kaffee aufbrühen mit Porzellanfilter - ein wiederentdeckter Trend

In meiner Kindheit war das Kaffeeaufbrühen im Porzellanfilter die Normalität, dann zogen zuerst die Kaffeemaschinen in die Küchen ein und in den letzten Jahren regelrechte Wunder-Cappuccino-Latte-Macchiato-Ich-kann-alles-Kaffeeautomaten. Nun besinnen sich viele wieder auf "Hand Brewed Coffee" bzw. "Manually Brewed Coffee", den guten alten handgebrühten Filterkaffee.

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Ich liebe Kaffee, aber ich bin kein ausgesprochener Kaffeegourmet, obwohl ich bevorzugte Sorten und Zubereitungen habe. Ich trinke aber auch gerne den übriggebliebenen Kaffee kalt mit Milch und sogar schwarzen Tee.

Aber der Kaffee aus meiner alten Standardkaffeemaschine mit Warmhalteplatte schmeckte mir schon lange nicht mehr, er hatte einen bitteren verbrannten Nachgeschmack. Entkalken half dagegen auch nicht mehr.

Was also tun? Ich hatte weder Lust auf eine neue Kaffeemaschine dieser Art noch auf eines der modischen Hochglanz-Kombi-Kaffee-Milchschäumer-Semiprofiautomaten für mehrere Hundert Euro - abgesehen davon, dass bei mir der Platz für Küchengeräte sehr knapp bemessen ist. Und an ein Pad- oder Kapselsystem verschwende ich schon aus Umweltgründen keinen Gedanken.

Ich erinnerte mich an die alten Zeiten, als Mutter, Oma und Tanten noch mit aufgesetztem Porzellanfilter* (eigentlich Filterhalter) auf der Kaffeekanne den Kaffee aufbrühten. (Bei der Erinnerung fällt mir auf, dass ich in meiner gesamten Kindheit und Jugend - in der Brewed-Coffee-Zeit der Sechziger- und auch noch Siebziger-Jahre des letzten Jahrhunderts im letzten Jahrtausend (oh Gott, ich bin ein Dinosaurier) - nie einen Mann beim Kaffeeaufbrühen sah. Trauten sie sich das nicht zu?

Jedenfalls wollte ich dem guten, alten Porzellanfilter eine neue Chance geben. Zum Warmhalten täte es ja auch die Thermoskanne, die seit langem unbeachtet im Regal steht - abgesehen davon, dass ich auch Eiskaffee oder kalten Kaffee mit Milch gerne mag -, und für das Milchschäumen brauche ich auch keinen Automaten, da gibt es kleine, handliche Geräte. Ich bin auch nicht jemand, der jeden Tag viel Schnickschnack braucht, das hebe ich mir lieber für besondere Gelegenheiten auf - mit besonderen Menschen und mit besonderen Geschmackserlebnissen.

Gesagt, getan und Porzellan-Kaffeefilter angeschafft. Bei der Recherche im Internet zu Kaffeefiltern fiel mir auf, dass ich nicht der einzige Mensch bin, der sich erinnert hat und sich für altmodisches Kaffeeaufbrühen interessiert. Ich fand heraus, dass es verschiedene Filterarten und diese mit vielen unterschiedlichen Bewertungen gibt. In diesen Bewertungen entdeckte ich auch hilfreiche Informationen, worauf man beim Filter und Filtern achten sollte. Offensichtlich sollte der Porzellanfilter innen Rillen haben, damit das Papier nicht so sehr am Filter klebt und dann das Wasser zu langsam abläuft. Manche kannten auch noch Tricks, beispielsweise das Filterpapier auf besondere Weise anzufalten oder einen Löffelstiel unter den Papierfilter in den Porzellanfilter schieben - beides wurde aus dem gleichen Grund empfohlen wie die Rillen: schnellerer Wasserdurchlauf. Überhaupt: Nicht nur die Kaffeesorte, die Technik der Zubereitung und die Wasserqualität scheinen Einfluss auf den Geschmack zu haben, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der das Wasser durchläuft.
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Das Prinzip ist, so lernte ich: Langsames Brühen macht den Kaffee bitterer. Wer das nicht will, muss für schnelles Durchlaufen sorgen.

Den Porzellan-Kaffeefilter habe ich nun seit einem Monat im Einsatz. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden: Der Kaffee schmeckt wieder richtig gut und aromatisch, ohne bitter zu sein.

Der gute Kaffeegeschmack wird möglicherweise auch noch dadurch unterstützt, dass ich mein Leitungswasser inzwischen filtere, bevor ich es im Edelstahl-Elektrokocher zum Kochen bringen. Diesen Wasserfilter habe ich mir zwar nicht wegen des Kaffee- oder Teegeschmacks zugelegt, sondern weil mein Elektrokamin mit Fakeflammen aus Wasserdampf gefiltertes Wasser verlangt. Aber wo der Filter schon mal da ist ...

So funktioniert mein altmodisches Kaffeeaufbrühen
  1. Porzellanfilter auf die Kaffeekanne stellen 
  2. Umgedrehten Löffel oder ähnliches in den Filter lehnen 
  3. Papierfilter hineinstellen 
  4. Gemahlenen Kaffee in den Filter geben (ca. 1 gehäufter Kaffeelöffel pro Kaffeebecher, ich mische koffeinfreien mit normalem (Schon-)Kaffee) 
  5. Kochendes Wasser über den Kaffee gießen, bis das Wasser bis zum Rand steht 
  6. Warten, bis das Wasser durchgelaufen ist, dann wieder aufgießen 
Kosten für den Porzellanfilter: ca. 14,50 Euro

Vorteile des Porzellanfilters
  • Guter Kaffeegeschmack
  • Günstiger Preis
  • Gut zu reinigen, auch die Spülmaschine übersteht der meine gut
  • Keine Material- und Energieverschwendung bei der Herstellung
  • Keine Material- und Energieverschwendung beim Einsatz 
  • Kein Verschleiß
  • Unendliche Lebensdauer
    (möglicherweise geht der Porzellanfilter kaputt, wenn man ihn auf einen Steinboden wirft - das möchte ich nicht ausprobieren)

Fazit: So ein Porzellanfilter ist eine gute Investition! 

Ich kann das altmodische Kaffeeaufbrühen auf jeden Fall empfehlen - verstehe aber, dass es für manche Menschen in manchen Situationen zu viel Zeit und Geduld erfordert. Manchmal erfordert es aber auch nur eine andere Taktik, um die Zeit zwischen dem Aufbrühen gut zu nutzen (beispielsweise kann man währenddessen die Spülmaschine ausräumen). Aber grundsätzlich stimmt es natürlich: Was das Kaffeeaufbrühen betrifft, ist man klar im Vorteil, wenn man im Homeoffice arbeitet!

Nun suche ich noch eine schöne Retro-Porzellankanne.

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PS: Inzwischen bin ich auch bei den Kaffeesorten wählerischer geworden und habe mich zum Bio-Kaffee*-Gourmet entwickelt.
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