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Montag, 15. Mai 2023

Lange Freude an Topfkräutern - auch aus dem Supermarkt

Im Frischeregal im Supermarkt findet man oft Schnittlauch, Thymian und viele andere Kräuter als wachsende Pflanzen in kleinen Töpfen - sogar mit Bio-Siegel. Sie werden gerne gekauft, denn sie versprechen Gesundheit, Frische und Aroma für mehrere Mahlzeiten. Doch oft werden sie zuhause nur einmal beerntet und vegetieren dann vor sich hin, bis sie im Mülleimer oder auf dem Komposthaufen landen. Wie man es besser machen kann - Tipps für Hobbygärtner, Köche, Urban Gardener und alle anderen Kräuterfans. (aktualisiert Frühjahr 2024)

Dieser Schnittlauch und der Thymian stammen ursprünglich aus dem Supermarkt
und stehen nun schon jahrelang auf der Terrasse. Ich lasse sie auch im Winter draußen stehen, gieße bei Bedarf (aber nicht zu viel).
Vielen Menschen widerstrebt es, lebende Pflanzen als Wegwerfware zu behandeln, sie wollen nachhaltig konsumieren. Kräutertöpfe vom Gärtner, aus dem Gartencenter oder dem Supermarkt muss man auch nicht schon nach einer Ernte wegwerfen. Mit ein paar Tipps kann man an vielen von ihnen jahrelang Freude haben und mit ihren Blättern Salate, Suppen und Soßen verzieren und würzen.

Was nicht funktioniert

Die Kräuter nach der Ernte in den Plastiktöpfchen aus dem Supermarkt stehen zu lassen und das Beste zu hoffen, funktioniert nie. Das liegt daran, dass diese Töpfe in der Regel zu klein sind. Der Erdevorrat darin ist zu gering und zu ausgelaugt, um ein brauchbarer Speicher und Puffer für Wasser, Nährstoffe und Luft zu sein.

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Kräutertöpfe für viele Ernten - so geht's:
  1. Schon beim Einkaufen sollte man darauf achten, dass man frische, gesunde Pflanzen erwischt. Sie sollten noch nicht lange im Verkauf stehen, denn dort werden sie meist zu eng und in zu kleinen Töpfen aufgestellt. Der Platz ist oft zu warm oder zu kalt und sie werden mit allen anderen Pflanzen "Pi mal Daumen" gegossen. Optimal wäre es, wenn man die Liefertage des Ladens kennt und kurz nach der Belieferung einkaufen geht.
  2. Petersilie und Schnittlauch sollte man möglichst bald ernten – dazu werden sie zwei bis drei Zentimeter über der Erde abgeschnitten. Was zu viel ist, kann man bis zum Verzehr einfrieren.
  3. Dann sollte man den Wurzelstock oder bei anderen Kräutern wie Rosmarin, Salbei und Thymian die Pflanzen, wie sie sind oder etwas eingekürzt, umtopfen. Dazu wird der Topfballen aus dem alten Plastiktopf vorsichtig herausgelöst und die Pflanze in einen etwa doppelt so großen Tontopf mit frischer Gemüsepflanzen- oder Kräutererde getopft. Alternativ kann man die Pflanze auch in einen Blumenkasten, eine Pflanzkiste, ein Tischbeet, ein Hochbeet oder in ein Bodenbeet im Gemüsegarten pflanzen.
  4. Nach dem Umtopfen wird sofort angegossen, damit die Erde an die Wurzeln geschlämmt wird - das kann man draußen auf dem Rasen oder drinnen in einem Waschbecken oder einer Schüssel machen. Wichtig ist nur, dass die Erde gut durchnässt wird, aber das überschüssige Wasser ablaufen und kann.
  5. Nun erhalten die Kräutertöpfe einen Untersetzer und einen hellen Platz - je nach Jahreszeit draußen oder drinnen auf der Fensterbank (oder einem Platz mit Pflanzenlicht). Gegossen wird ab jetzt vorsichtig nach Bedarf.
  6. Beginnend etwa zwei Wochen nach dem Umpflanzen wird gelegentlich mit einem organischen oder organisch-mineralischen Dünger gedüngt - es gibt beispielsweise flüssigen Bio-Gemüse-/Kräuterdünger*, den man dem Gießwasser beimischen kann.
  7. Überschüssiges Gießwasser darf weder drinnen noch draußen (vor allem bei trübem, regnerischen Wetter) nicht im Untersetzer stehen gelassen werden, sondern man sollte es ausgießen (oder bei Dauerregen, den Untersetzer weglassen).
  8. Schnittlauch und Petersilie treiben meist sehr schnell neu durch, man gießt und düngt sie, bis sie wieder erntereif sind. Dann muss man sie aber nicht mehr komplett abernten, sondern schneidet ab, was man gerade braucht.

    Nachtrag: Petersilie wurde zur Giftpflanze des Jahres 2023 gewählt, denn nach der Blüte, die bei zweijährigen Pflanzen wie Petersilie im zweiten Jahr erfolgt, steigt der Gehalt an Apiol nicht nur in den Petersiliensamen, sondern in der ganzen Pflanze. Apiol kann nicht nur zu allergischen Reaktionen führen, sondern in hoher Dosierung Leber und Nieren schädigen. Petersilie sollte man daher am besten nur im ersten Jahr ernten und jedes Jahr neu ansäen oder neu kaufen.

  9. Strauchartig wachsende Kräuter wie Salbei, Rosmarin oder Thymian wachsen nach dem Umtopfen auch schneller als vorher. Will man, dass sie buschig bleiben, kürzt man die Triebe ein. Der Nachtrieb ist dann auch weicher und oft besser zu verarbeiten.
  10. Nun kann man immer wieder ernten. 
Rosmarin und Salbei im Topf
Auch Rosmarin und Salbei bleiben bei mir im Winter draußen, allerdings direkt vor dem Terrassenfenster auf der Südseite.

Überwinterung von Topfkräutern

Frostempfindliche Arten wie Basilikum können im Sommer draußen stehen, aber vor dem Frost müssen sie reingeholt und drinnen auf einer hellen Fensterbank aufgestellt werden.

Der frische Austrieb im nächsten Jahr macht die meiste Freude. Ich sehe schon die Schnittlauch-Rühreier auf dem Teller.
Diese Kräuter kann ich bei mir (Südseiten-Terrasse) draußen überwintern: Schnittlauch und Thymian stehen bei mir ganzjährigig in einem Topfregal. Rosmarin und Salbei werden draußen direkt vor dem bodentiefen Fenster überwintert - was an einem weniger warmen und weniger geschützten Platz ein gewisses Risiko birgt, wenn der Winter hart wird; dort wäre es sicherer, mediterrane Kräuter wie Rosmarin und Salbei so wie mediterrane Zier-Kübelpflanzen frostfrei und hell in einem Gewächshaus oder auf einer hellen Fensterbank in einem ungeheizten Zimmer zu überwintern.

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Bei Extremtemperaturen (wenn die Wettervorhersage etwa minus 15 °C Nachttemperatur ankündigt) erhalten meine Pflanzen kurzfristig zusätzlichen Schutz für die Nacht durch Vlies, Plastikhauben, Papiertüten, Zeitungspapier oder einen Kübelpflanzenschutz*. Tagsüber – vor allem, wenn es über Null Grad ist -, entferne ich den Schutz.

Wichtiger Überwinterungstipp:
Bei der Überwinterung sollte man darauf achten, dass die Wurzelballen nie völlig austrocknen - auch nicht im eisigen, frostttrockenen Februar, andererseits sollen die Pflanzen aber auch nicht in nasser Erde stehen - da braucht man ein wenig Gefühl für das richtige Maß.

Buchtipp:
Blumen, Gemüse & Kräuter, Stauden und Gehölze in Töpfen und anderen Pflanzgefäßen anbauen und so Balkone, Terrassen, Dachterrassen, Eingangsbereiche verschönern und/oder für den Selbstversorgeranbau nutzen - natürlich umweltfreundlich. Standortgerecht Gartenträume wahrmachen - vom ansprechenden Eingangsbereich über Duft-, Schmetterlinge-und-Bienen- oder Künstlerbalkon bis zur Wohlfühloase und/oder Selbstversorgerterrasse auf dem Dach. Dazu viel Basiswissen und Pflanzenempfehlungen für jede Jahreszeit sowie auch solche für eine nachhaltige Bepflanzung, die jahrelang Freude bringt.

Gartenbuch Eva Schumann Werbelink
Gärtnern in Töpfen:*
Balkon und Terrasse mit Pflanzen gestalten*
Eva Schumann
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1. Auflage (2019)
Taschenbuch/Klappenbroschur, 128 S.,
86 Farbfotos, 3 Farbzeichungen, 17 Tabellen
ISBN 3-8186-0635-8



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Mittwoch, 28. Januar 2015

Alle lieben Urban Gardening

Aber jeder denkt dabei an etwas anderes.



Die Initiatoren und Mitwirkenden von Urban-Gardening-Projekten wie NeuLand Köln, Prinzessinnengärten Berlin-Kreuzberg, Kiezgarten Berlin-Pankow Schliemannstraße, Urbane Gärten München, Projektwerkstatt Permakultur & Terra Preta der TU Berlin (inzwischen ausgelaufen) und von mehreren Hundert Projekten allein in Deutschland verstehen unter Urban Gardening gemeinschaftliches Gärtnern in urbanen Gärten. Urbane Gärten sind nach ihrer Definition frei zugängliche, öffentliche Gemeingüter. Urbane Gärten sollen Orte der kulturellen, sozialen und generationenübergreifenden Begegnung sowie Räume für Naturerfahrung, der Biodiversität, der Ernährungssouveränität und des Saatguterhalts sein. Diese Urban Gardener sind mehr als nur fröhliche HobbygärtnerInnen, die Radieschen anbauen, sie sind eine politische Bewegung. Sie positionieren sich gegen die Privatisierung des öffentlichen Raumes und wollen eine neue, auf Nachhaltigkeit gegründete Gesellschaft. Mehr Einzelheiten im Urban-Gardening-Manifest 2014.

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Viele Hobbygärtner, Gartenartikelhersteller, Gartenfachmärkte und andere fassen den Begriff Urban Gardening weiter – schließlich heißt Urban Gardening nichts anderes als urbanes Gärtnern, städtisches Gärtnern oder Gärtnern in der Stadt. Und Orte für gärtnerische Aktivitäten in der Stadt sind nicht nur Gemeinschaftsgärten, sondern auch Balkone, Terrassen, Dachterrassen, Garagendächer, Hinterhöfe, Parzellen in Kleingartenanlagen, Miet- und Pachtgärten – also alle Plätze, die Stadtbewohner für das Gärtnern nutzen. Für ihre gärtnerischen Aktivitäten benötigen sie geeignetes Werkzeug, (mobile) Pflanzgefäße/Hochbeete, Pflanzerde, teilweise Hydrokultur-/Hydroponik-Substrat und vieles andere mehr - was denn auch die Hersteller und den Gartenfachhandel freut.

Viele Gärtner und Landwirte denken beim Begriff Urban Gardening an eine engere Zusammenarbeit mit den (städtischen) Verbrauchern. Manche dieser Gärtner und Landwirte nutzen Flächen in der Stadt (oft hat sich die Stadt mit der Zeit um sie herum ausgebreitet), manche mieten eventuell sogar ungenutzte Hinterhöfe, die sie mieten, dazu, um mehr Anbaufläche nah beim Verbraucher zu haben. Mit einem Direktverkauf ab Hof und eigenen Ständen auf Märkten versucht man, den Zwischenhandel wegzulassen, was zu günstigeren Preise für den Verbraucher und/oder bessere Einnahmen für den Betrieb führen kann. Allerdings sollte man nicht die hohen Grundstückspreise in der Stadt vergessen. Wenn Gemüsebau- und landwirtschaftliche Betriebe in der Stadt gärtnern, wird das auch Urban Horticulture und Urban Farming genannt.

Einige Bio-Gärtner und Öko-Landwirte befinden sich am Stadtrand oder relativ nah bei der Stadt und bilden mit den städtischen Verbrauchern Kooperativen. Eine von verschiedenen Varianten solcher Kooperativen für die kundenunterstützte Landwirtschaft einschließlich Gemüsebau (Customer Supported Agriculture – CSA) ist die Genossenschaft: Alle, die Genossenschaftsanteile kaufen, werden Eigentümer – dieses Geld wird für Investitionen genutzt. Gegen eine Pauschalgebühr für einen vordefinierten Zeitraum erhalten Ernte-Abonnenten frische Erzeugnisse des Betriebes und verpflichten sich eventuell gleichzeitig zur Mitarbeit in einem bestimmten Umfang. Der Vorteil für die städtischen Verbraucher und Verbraucherinnen: Gärtnern in der Gemeinschaft für ein gemeinsames Ziel, frische hochwertige Gemüse und/oder andere landwirtschaftliche Erzeugnisse, Mitgliederfeste und anderes Beisammensein. Dazu kommt das Wissen, dass die von der Kooperative angestellten GärtnerInnen und anderes Personal fair bezahlt werden. Für Gärtner oder Landwirte hat CSA den Vorteil der Planbarkeit, des engen Kontakts zu (potenziellen) Kunden sowie viele begeisterte Multiplikatoren.

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Biotechnologieunternehmen, manche Gartenbau-Profis sowie Technologiefirmen denken bei Urban Gardening eher an die Erzeugung pflanzlicher Produkte in geschlossenen Räumenn, so genannten "Pflanzenfabriken" (Urban Agriculture/Vertical Farming in Gebäuden) und andere neue, oft sehr technikintensive Produktionsweisen zur Erzeugung frischer pflanzlicher Lebensmittel. Als Produktionsstätten werden teilweise leer stehende Fabrikhallen, aber auch Neubauten genutzt. Die Pflanzen werden in mehreren Etagen übereinander bei Kunstlicht, kontrollierter Temperatur, Luftfeuchte und Luftzusammensetzung, erdelos in Rinnen mit Nährstofflösung kultiviert. Vor allem die LED-Lampenhersteller wie Philipps, General Electrics (GE) oder Valoya fallen in Gartenbau-Newslettern durch die ständige Herausstellung von Pflanzenfabriken auf – für sie und viele andere Technologieausstatter ist jede zukünftige Pflanzenfabrik ein Geschäft. Manche Kritiker plädieren aus Nachhaltigkeitsgründen dafür, möglichst das natürliche Sonnenlicht (in Gewächshäusern) zu nutzen und mit LED-Licht nur zu ergänzen - was bei uneinheitlichem Lichteinfall aber Schwierigkeiten bei der gleichmäßigen Lichtmengen-/Tageslängenregelung etc. mit sich bringen kann.

Stadtplaner und Stadtarchitekten denken bei dem Begriff Urban Gardening daran, wie sie die wachsenden Städte mit Grün lebenswerter gestalten können - dieses Feld bietet derzeit viel Potenzial, sich einen Namen zu machen. Begrünung ist für sie vorrangig ein Element der Gestaltung, Luftverbesserung, Ermöglichung von Naturerfahrung in der Stadt, Schaffung von Orten der Begegnung und/oder der Erholung. Ihre Stichworte sind: vertikale Begrünung (innen und als Fassadenbegrünung außen), Dachbegrünung, Dachgärten, öffentliche Parks in der Stadt, Gartenanlagen in städtischen Wohngebieten und Ähnliches.

Bürger in armen Stadteilen/Armenvierteln von Großstädten und Mega-Cities sehen Urban Gardening vor allem als Lebensnotwendigkeit oder einzige Möglichkeit, etwas Frisches und Gesundes oder sogar überhaupt etwas auf den Tisch zu bekommen. Für sie hat Recycling (beispielsweise irgendwelche Alt-Behälter als Pflanzgefäße zu nutzen) nichts Trendiges, sondern ist "alternativlos", weil man sich neue gar nicht leisten könnte.

Und die Mitarbeiter einer Stadtgärtnerei oder einer ganz normalen Gemüsegärtnerei in der Stadt bei uns - was denken sie eigentlich, was Urban Gardening ist, und was halten sie davon? Fühlen sie sich von manchen der Initiativen eventuell sogar bedroht?

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