Montag, 14. März 2022

Bootcamp-Fitness mit Schlammcatchen im Baumarkt

Ich brauche zum Glück selten neue Blumenerde, da ich die vom Vorjahr zum großen Teil wiederverwerte - nicht nur aus Umweltgründen ... (aktualisiert 14.3.2022)

Nicht zuletzt wegen solcher Erfahrungen im Baumarkt versuche ich meinen Verbrauch an Blumenerde/Pflanzenerde klein zu halten, aber natürlich auch, weil ich möglichst nachhaltig gärtnern möchte.
Wenn ich im Baumarkt oder auch im Gartencenter Erde einkaufen gehe, dann weiß ich, dass ich an dem Tag kein weiteres Fitnessprogramm brauche.

Meistens läuft es so ab: Wenn ich am Parkplatz ankomme, sehe ich die Objekte meiner Begierde schon durch einen Gitterzaun - dahinter im Freigelände liegen sie: Säcke mit Blumenerde - so nah und doch so fern, denn es gibt nur einen Eingang - ganz woanders - und nur einen Weg, der durch die gesamte Baumarkthalle zu diesem Freigelände führt.

Und während ich noch so gucke, beginnt es zu regnen.

Ich parke trotzdem und mache mich bereit. Die Sportschuhe habe ich schon zuhause angezogen und der Pulsmesser ist auch aktiviert. So schnappe ich mir nur die Geldbörse und den hellblauen Schirm, den ich immer im Auto liegen habe, und mache mich auf die Suche nach einem Einkaufswagen.

Anzeige


Ich finde ihn gar nicht so weit entfernt am Ende einer Schlange von aneinandergefesselten Einkaufswagen, die jetzt im heftiger werdenden Regen stehen. Na gut, ich befreie den letzten Wagen mit einem Euro, den ich immer im Schlüsselmäppchen habe, seit ich einmal keine passende Münze dabei hatte und den Weg zu den Kassen im Eingangsbereich vier Mal laufen musste.

Mit spitzen Fingern schiebe ich das nasse Gefährt Richtung Eingang (geschätzt 200 m), dann zum Hauptverkehrsweg innerhalb des Gebäudes (dorthin sind es noch einmal 100 m). Genug aufgewärmt: Nun geht es auf die Rennstrecke zum Freigelände (geschätzte 500 m auf dem Hauptweg liegen vor mir).

Regalfluchten ziehen an mir vorbei - Nägel, Dübel und Schrauben, Werkzeuge, Renovieren, Streichen, Haushaltsbedarf ... Ein Blick auf den Pulsmesser: alles im grünen Bereich. Weiter geht's: Dekorationsartikel, Übertöpfe, Zimmerpflanzen ... Ah, es wird wärmer - und da sehe ich auch schon die Tür, die ins Freigelände führt.

Als ich sie erreiche, öffnet sie sich automatisch und eine Regenwand stellt sich mir entgegen. Mist: Gerade war der Wagen durch den Fahrtwind fast trocken geworden.

Schnell den Schirm wieder in Position gebracht und dann gegen den Regen gebeugt auf zu den Paletten mit den Erdesäcken (nur noch 100 m - ich kann sie schon sehen). Dort angekommen, drehe ich eine Runde (200 m): Graberde, Teicherde, Rhododendronerde, Tomatenerde, Kübelpflanzenerde, Anzuchterde, normale Gartenerde ... Und wo ist die torffreie Erde?

Ich drehe meine Runde noch einmal (200 m): Graberde, Teicherde, Rhododendronerde, Tomatenerde, Kübelpflanzenerde, Anzuchterde, normale Gartenerde. Ah, da vorne - die Palette habe ich wohl beim ersten Mal übersehen - steht was von Bio-Erde. Hm, ist die auch torffrei? Aber das sind sowieso 80-Liter-Säcke - die kann ich nicht vom Auto ums große Wohnhaus herum und zu meiner Terrasse tragen.

Noch eine Runde (200 m): Graberde, Teicherde, Rhododendronerde, Tomatenerde, Kübelpflanzenerde, Anzuchterde, normale Gartenerde, Bio-Erde ... und dann endlich lese ich: "Torffreie Blumenerde, 20 Liter". Das passt! Oder besser: Das packe ich!

Wow, der Preis ist gesalzen. Gibt es die nicht billiger?

Ich schaue zurück: Bio-Erde, normale Blumenerde, Anzuchterde ... - in dieser Richtung nicht. Soll ich ...? Ach neeee, ich mag nicht noch eine Runde drehen. Ich nehme diese blöde teure Erde.

Anzeige


Ich platziere den Einkaufswagen neben der Palette mit den 20-Liter-Torffreie-Erde-Säcken. Ich lege die Geldbörse in eine Ecke des Wagens und klemme den geöffneten Schirm darüber. Dann packe ich den obersten Sack vom Haufen fest mit beiden Händen und ziehe. Der Sack bewegt sich nicht. Ich ziehe kräftiger. Immer noch nicht. Jetzt aber mit Schmackes! Der Sack löst sich und plumpst mir in die Arme. Regen peitscht mir ins Gesicht und ich gehe fast in die Knie. Fühlt sich an wie 35 kg, denke ich und ich merke, dass irgendetwas Nasses an mir herunterläuft. Ich denke nur: Einen 35-Kilogramm-Sack kann ich auch nicht ums Haus tragen.

Ich lege den Sack auf den Boden neben die Palette und schaue an mir herunter: T-Shirt und Hose sind aufgeweicht. Ich sehe aus wie in Schlamm gebadet.

Das ist nur ein wenig Humusbrühe aus dem aufgeweichten Sack, tröste ich mich und versuche den Sack, der vorher unter dem durchweichten lag, zu bewegen. Nichts. Ich versuche es wieder. Aber auch dieser Sack lässt sich erst beim dritten Versuch in meine Arme fallen. Mir fällt wieder ein, dass es in der vergangenen Woche sehr viel geregnet hat.

Erst der fünfte Sack ist nicht durchgeweicht und damit auch für mich tragbar. Schnell hebe ich ihn mit ein bisschen Schwung in den Einkaufswagen, als eine Windböe unter meinen Schirm fährt und ihn davonweht. Keine Panik, den holen wir ein.

Zum Glück fliegt der Schirm in die richtige Richtung und an der automatischen Tür nach drinnen schnappe ich ihn mir.

Eine Haarsträhne fällt mir übers Gesicht, ich streiche sie siegreich aus meinem Gesicht. So, das Gröbste ist geschafft.

Nun nur wieder den Hauptweg zurück (500 m). Dieses Mal gucke ich in die Regalschluchten auf der anderen Seite: Winterschutz im Garten, Übertöpfe, Weihnachtsdekoration, Spiegel ("Was ist denn das da für eine mit den schwarzen Streifen im Gesicht?"), bis zum Querweg Richtung Kasse.

Auf den letzten Metern steigt ein Lächeln in mein Gesicht - das muss das Runner's High sein!

Anzeige


Ich ignoriere die bewundernden Blicke der Zuschauer am Wegesrand, wenn sie auf meine dreckverschmierten und nassen Klamotten schauen - so sieht man eben aus, wenn man sich willensstark wie ich mit Bootcamp-Fitness und Schlammcatchen stählt, denke ich siegreich. Und dann bin ich auch schon an der Kasse.

Ein bisschen Stretching während des Wartens in der Schlange und ich beginne, mich auf die heiße Dusche nach dem Training zu freuen.

Der Weg nach draußen führt an einem Bäckereiwaren- und Imbissverkauf mit Sitzecke vorbei. Ich bleibe stark. Einer der dort speisenden Gäste zeigt mir ein Doppelt-Daumenhoch und ruft: "Den Rest packst du auch noch!"

Ja, nur noch 200 Meter bis zum Auto, dann den Erdesack und den Schirm auf eine Folie in den Kofferraum legen, eine weitere Folie auf dem Sitz ausbreiten, damit die Humusbrühe sich nicht durch die Polster frisst, und schließlich den Einkaufswagen aufräumen.

Mit einem zufriedenen Seufzer setze ich mich endlich hinters Steuer. Und da fällt mir ein: Wollte ich nicht eigentlich zwei Erdesäcke kaufen?

Heute nicht, sage ich mir. Zuviel Training an einem Tag ist ja auch nicht gesund.

Geschafft. Der Adler ist gelandet!


Liebe Baumarktplaner: Manche Leute müssen kleine Packungen kaufen, weil sie große nicht bewegen können. Dafür zahlen sie bereits den mehrfachen Preis pro Einheit verglichen mit den Großsackkäufern. Wieso meint ihr, dass diese Leute vollgesogene 20-Liter-Erdsäcke auf ausgestreckten Armen balancieren können, damit ihnen die auslaufende Humusbrühe nicht über die Kleider läuft?

Nachtrag: Seit ein paar Jahren (Corona & Co.) lasse ich mir alles nach Hause liefern. Das kostet zwar Liefergebühren, aber dafür erspart man sich die Kleiderwäsche- und die Innenreinigung vom Auto.

Das könnte Sie auch interessieren: Anzeige