Mittwoch, 12. Juni 2013

Vertrauenskrise

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, heißt es. Bisher war ich im Alltag eher vertrauensselig. Ich zählte das Wechselgeld nur selten nach, ich kontrollierte keine Bons etc. Doch durch einen Vorfall heute im Supermarkt schwappte meine in manchen Lebensbereichen vorhandene Vertrauenskrise auch in den Einkaufsalltag.

Vertrauenskrise nach dem Einkauf im Supermarkt
Heute war ich in dem von mir bevorzugten Supermarkt. Nach dem Bezahlen wurde ich gefragt, ob ich einen Kassenbon möchte. Ich sagte Ja - anders als sonst, denn in der Regel nehme ich keinen Bon mit nach Hause (außer ich benötige die Preise für einen Blogartikel oder bezahle mit Karte).

Und anders als sonst schaute ich mir heute beim Weggehen den Kassenbon an und stellte fest, dass mein Flaschenpfand nicht abgezogen worden war. Die Pfandbons hatte ich mit der Ware auf das Band gelegt - hinter den ersten Artikel, wie immer. Ich ging also die drei Schritte zurück und sagte, dass meine Pfandbons nicht abgezogen worden seien - ich hatte zwei, weil diese Pfandflaschenannahmemaschine wie immer Zicken gemacht hatte.

"Ach, waren das diese beiden Bons?", fragte mich die Kassiererin, die inzwischen die Artikel der nächsten Kundin scannte, und sie nahm zwei Pfandbons auf, die neben ihrer Kasse lagen. Es waren meine.

Ich fühlte im ersten Moment eine Art Erleichterung, dass ich nicht zu blöd war, einen Kassenbon korrekt zu lesen, aber in der nächsten Sekunde keimte in mir Misstrauen auf: Konnte das Absicht gewesen sein?

Anzeige


Die Kassiererin war dann überfreundlich, was mich noch misstrauischer machte. Sie tätschelte mich am Arm, zahlte mir mein Pfandgeld aus und flötete mir einen Abschiedsgruß hinterher. Doch nun frage ich mich die ganze Zeit, ob sie - und eventuell andere - mich vielleicht seit Jahren übers Ohr hauen. Es war mir nämlich schon mehrmals merkwürdig vorgekommen, dass man mich fragte, ob ich einen Bon wollte -  früher bekam man den nämlich ungefragt auf die Artikel gelegt. Die wollen wahrscheinlich Papier sparen, hatte ich mir da überlegt. Doch nun weiß ich nicht, was ich denken soll.

Vertrauenskrise als gesellschaftliches Problem?
Es ist ein Merkmal unserer Zeit, dass man eigentlich Nichts und Niemandem mehr trauen kann - nicht nur nicht der Werbung und nicht den Politikern, sondern auch nicht dem Arzt, wenn er kostenpflichtige Zusatzleistungen oder bestimmte Operationen empfiehlt und leider auch nicht den Meinungsäußerungen anderer Menschen (oder "Accounts") im Internet, denn auch die können von Unternehmen, Parteien o. Ä. lanciert und/oder bezahlt worden sein - das heißt dann z. B. "Unternehmenskommunikation" oder "politische Kommunikation".

Aber ich habe bisher eigentlich den normalen Menschen in meinem Einkaufsalltag getraut. Doch nun kommen mir Bedenken. War ich zu vertrauensselig? Oder überreagiere ich mit meiner jetzigen Vertrauenskrise?

Deswegen würde mich interessieren:

Wie misstrauisch seid ihr? Kontrolliert ihr eure Kassenbons und euer Wechselgeld? Worauf achtet ihr sonst noch? Und hättet ihr die Kassiererin gemeldet?

PS:
Mein bevorzugter Supermarkt steht auch aus anderen Gründen auf meiner Abschussliste und wird immer seltener aufgesucht, seit man mir - die ich langjährige Kundin bin - während des Einkaufens - die Toilette verweigert hat, und weil es Meldungen in den Medien gab, dass externe Arbeitskräfte in prekären Beschäftigungsverhältnissen zum Auffüllen bestellt werden.

5 Kommentare:

  1. Hätte ich die Kassiererin gemeldet? Nein, vermutlich nicht...aber vielleicht würde ich mal einen Bekannten bitten das auch zu testen. Und wenn es wieder so ist, dann der Dame sagen dass man Bescheid weiß und ihr noch viele Tester schickt...Ist vielleicht eine seltsame Einstellung, aber ich möchte nicht Schuld sein wenn jemand seine Arbeit verliert, auch wenn diese Person mich übers Ohr haut...es kommt mir so unverhältnismäßig vor.

    AntwortenLöschen
  2. Ja, daran Schuld haben, dass jemand seine Arbeit verliert, möchte ich auch nicht. Vor allem ist das ja bisher nur ein (dringender) Verdacht. Wenn ich sicher wäre, dann würde ich sie wohl direkt unter vier Augen ansprechen und verwarnen. Wenn ich es dann noch einmal beobachten würde, dann hätte ich allerdings keine Skrupel mehr, sie zu melden, denn nicht nur ich, sondern auch andere Menschen sind davon ja betroffen.

    AntwortenLöschen
  3. Eva, ich denke, so lange, wie Du nur glaubst, dass sie es eventuell mit Absicht gemacht hat, würde ich natürlich auch keine Meldung machen.
    Ich persönlich kaufe seit über 30 Jahren in denselben Supermärkten ein. Man kennt mich und ich habe Vertrauen. Wechselgeld würde ich immer nachzählen, allerdings zahle ich meist mit Karte. Den Kassenzettel nehme ich immer mit, da es schon mal passiert, dass etwas nicht ok ist, oder ich muss was umtauschen.

    Den Kassenzettel kontrollieren, das mache ich nur, wenn ich das Gefühl habe, dass etwas nicht stimmen könnte. Wenn ich nur wenige Artiekl kaufe, dann wäre das ja auch einfach, aber ich mache meist Großeinkauf und das ist mir zu aufwändig. Hier benutzt man Scanner-Kassen und da kann eigentlich nicht viel passieren.

    Ich will mal ein Wort für die Verkäuferinnen einlegen, die stehen ganz schön unter Druck und somit können sich wirklich Fehler einschleichen. Ich kenne viele Verkäuferinnen und sie sind wirklich ehrlich. Natürlich schwarze Schafe gibt es überall. Ich würde es wirklich als, da ist ein Fehler passiert abtun.

    Umgekehrt wäre es genauso, ich vergesse doch wirklich manchmal (aber sehr, sehr selten) alles aufs Band zu legen, manchmal habe ich ein Teil noch in der Hand, oder ganz unten unter dem Einkaufswagen. Ich wäre schon empört, würde man mich nun als Diebin abstempeln. Klar war mir das immer peinlich, aber es ist halt passiert.

    Viele Grüße
    Petra

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, Petra, ich hoffe auch, dass es nur ein blöder Fehler war, wie er jedem mal passieren kann. Ich fürchte nur, dass ich jetzt erst einmal misstrauisch bin.

      Löschen
  4. ich habe mal bei einem Einkauf >150€ eine Kassiererin gemeldet: bei vier individuell gelabelten Packungen Obst hat sie in Windeseile die erste über den Scanner geschoben und zu meinem Erstaunen "x4" eingegeben; ich bat sie sofort, dies zu stornieren, da es unterschiedliche Packungspreise seien. Sie zickte barsch zurück, dass das alles seine Ordnung habe und dass ich davon nichts verstünde. Auf dem Bon stand ausgerechnet auch noch 4-fach der Preis der preiswertesten Packung, Mindereinnahme des Marktes ca. 2,50€ … ich bin zur Kassenaufsicht und habe meine 2,50€ nachbezahlt.

    AntwortenLöschen