Mittwoch, 21. Dezember 2016

"Schwäbisch vegetarisch" macht Lust aufs Kochen und Genießen (Buchvorstellung)

Der Ulmer Verlag, bei dem ich selbst Gartenbuchautorin* bin, hat mich mit einem Weihnachtsgeschenk überrascht. Und weil ich so sehr angetan bin von dem schönen Buch, möchte ich es kurz vorstellen.

Schwäbisch vegetarisch. Werbelink zu Amazon.de
"Schwäbisch vegetarisch" von Joanna Karon * **
Schon Titel und Aufmachung gefallen mir - eine gelungene Mischung aus nostalgisch und modern. Und eben dies findet man auch im Inneren: vielfältige Rezepte mit urigen Namen aus der traditionellen schwäbischen Küche, von der Autorin Joanna Karon fleischlos umgesetzt.

Die Anleitungen der Rezepte, von deftig bis süß, klingen auch gar nicht kompliziert - das sollte ich hinbekommen. Und die schönen Bilder, die von der Fotografin Ludmilla Parsyak eigens erstellt wurden, machen einem den Mund wässrig. Man kann es gar nicht erwarten, die Rezepte umzusetzen und die Köstlichkeiten zu probieren.

Ich hatte das Buch bereits online gesehen und mir überlegt, es zu kaufen. Nun bekam ich es unerwartet als Geschenk und bin ehrlich begeistert. Mich haben vor allem die vielen liebevollen Details überzeugt - wie der Klappumschlag mit den Spätzletipps, das leicht verspielte Layout bei gleichzeitig guter Strukturierung, die Tipps, wie man die Rezepte variieren oder eventuelle Überbleibsel am nächsten Tag verwenden kann und vieles mehr.

Schwäbisch vegetarisch.*
Über 50 gscheide Rezepte von Gaisburger Marsch bis Maultaschen.
Joanna Karon
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2016
ISBN 978-3-8001-1268-5

* Werbelink zu Amazon.de
** Das Buch war ein Geschenk des Ulmer Verlages

Sonntag, 9. Oktober 2016

Gibt es einen Markt für Bio-Zierpflanzen? (Kommentar)

Kürzlich wurde in einer Gartenbau-Zeitschrift die Frage gestellt, ob es einen Markt für Bio-Zierpflanzen gibt. Warum ich die Frage bejahen würde.
Bei Schnittblumen, Beet- und Balkonpflanzen aus dem konventionellen Anbau können
Beiz-, Stauchungs- und Pflanzenschutzmittel verwendet worden sein.  
Mit Urlaub und Entspannung verbinden wir oft bestimmte Speisen und Getränke, die wir am Urlaubsort in guter Stimmung genossen haben. Um unser Urlaubsgefühl im Alltag noch einmal abrufen zu können, kaufen wir vor der Heimfahrt Käse, Wurst, Wein, Likör und anderes und nehmen sie mit nach Hause. Doch meistens sind wir enttäuscht, denn wenn uns diese Spezialitäten des Urlaubslandes auch zuhause ganz gut schmecken, reicht der Genuss nicht an den im Urlaub heran. Die Umgebung, das Licht und die Luft sind anders, die Geräusche und Gerüche vom Urlaub fehlen.

So ähnlich geht es mir der Freude an Schnittblumen sowie Beet- und Balkonpflanzen: Sie können mich mit ihrer Schönheit locken, aber zum vollkommenen Genuss gehört, dass ich meine Nase in den Strauß und die einzelnen Blüten tauchen und den Duft genießen kann – als hätte ich sie eben im eigenen Biogarten gepflückt oder ausgegraben. Mit genauso viel Freude möchte ich ohne Sorge zugekaufte Balkonblumen zu meinen Kräutern in den Blumenkasten pflanzen und essbare Blütenblätter und Pflanzenteile wie Lebensmittel verwenden können - zur Verzierung von Kuchen und Dessert oder als Würze im Salat.

Ich möchte mich nicht nur an der Schönheit meiner gekauften Blumen und Balkonpflanzen erfreuen, sondern sie vorbehaltslos mit allen Sinnen genießen können. Und ich möchte, dass dies auch Bienen und andere Lebewesen in der Natur können.

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Zierpflanzen aus dem konventionellen Anbau sind bekanntermaßen nicht für den Verzehr geeignet, denn für sie gelten andere Regeln zur Verwendung von Beiz-, Stauchungs- und Pflanzenschutzmitteln als es für Nahrungspflanzen allgemein und erst recht für solche nach Bio-Richtlinien gilt. Wegen der nicht auszuschließenden Belastung tauche ich meine Nase nicht in ihre Blüten und würde mein Gesicht auch nicht von den (ungewaschenen) Blättern berühren lassen. Bei biologisch produzierten Zierpflanzen hätte ich weit weniger bis gar keine solche Bedenken.

Bio-Anbau tut nicht nur den Konsumenten, sondern auch der Natur besser als es der konventionelle Anbau mit den vielen umstrittenen zugelassenen Pflanzenschutzmitteln sowie dem energieaufwändig hergestellten mineralischen Dünger tut. Ich möchte diese Art Anbau nach Möglichkeit nicht mehr unterstützen und versuche immer öfter, Bioqualität zu bekommen.

Ich bin jedenfalls bereit für Bio-Zierpflanzen und ich bin mir sicher, dass ich damit nicht alleine damit bin.

Deshalb von mir: Ja, ich glaube, es gibt einen Markt für Bio-Zierpflanzen.

Und was glaubt ihr oder glauben Sie?

Samstag, 27. August 2016

Glyphosat-Diskussion: Nur der Verbraucher zählt!

Darauf, ob der Herbizidwirkstoff Glyphosat für Menschen krebserregend ist oder nicht, konnten sich Wissenschaft und Behörden nicht einigen. Die Ergebnisse der Studien widersprechen sich und die durchführenden bzw. beauftragenden Seiten – hier die Hersteller, da die Umweltschutzverbände - unterstellen sich gegenseitig methodische Fehler, Verheimlichung von Studien und manipulierte Ergebnisse. Die EU-Kommission ist eine Art Kompromiss eingegangen und hat die Zulassung erst einmal nur um 18 Monate verlängert, in denen weiter untersucht werden soll, statt den Wirkstoff gleich für 15 Jahre wieder zu genehmigen. Demnächst wird verhandelt, wie es weitergehen soll: Dauerhaft erlauben oder verbieten? 



Glyphosat unter Verdacht 

Glyphosat wird nicht nur verdächtigt, Krebs zu verursachen, sondern – ebenfalls umstritten - auch den Hormonhaushalt und die Darmflora zu beeinträchtigen sowie die Ursache oder zumindest eine der Ursachen für die Zunahme von Fettleibigkeit, Unverträglichkeiten, Reizdarmsyndrom, Depressionen, Alzheimer und Autismus zu sein.

Es gibt aber auch andere Bedenken gegen den flächendeckenden Einsatz von Glyphosat: Glyphosat vernichtet Unkraut!

Glyphosat ist ein nicht-selektives, systemisch wirkendes Unkrautvernichtungsmittel

Das bedeutet, es ist ein Pflanzenvernichtungsmittel, das keinen Unterschied macht, sondern auf alle Pflanzen abtötend wirkt (nicht-selektiv), und dass sich der Wirkstoff in der ganzen Pflanze verteilt (systemisch).

Blühende Unkräuter im Feld und an Feldrändern sind aber die Nahrungsquellen für Bienen. Und Unkräuter allgemein sind Ansiedlungsraum für Insekten – darunter die Gegenspieler von Pflanzenschädlingen. Gibt es kein Unkraut mehr, weil die Felder einheitlicher, größer und sauberer werden und die naturnahen Lebensräume immer weiter entfernt liegen, leidet die gesamte Artenvielfalt mancher Landstriche, und zwar oberirdisch – nicht nur Insekten und Spinnentiere, sondern auch Vögel und andere Tiere können dort nicht mehr überleben -, im Boden und - wegen des Austrags durch Überschwemmungen - auch im Wasser.

Am schlimmsten ist diese Entwicklung in Ländern, wo gentechnisch veränderte, glyphosatresistente Pflanzen in Monokulturfeldern enormen Ausmaßes angebaut werden: Die Unkräuter werden resistent und entwickeln sich zu Superunkräutern und so wird immer mehr Glyphosat gespritzt. Das geht uns nichts an? Doch, denn dort wird ein großer Teil unseres Viehfutters erzeugt und nach Deutschland importiert.

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Verbraucher sind verunsichert 

Ist Glyphosat unbedenklich oder nicht? Wem sollen die Verbraucher glauben – den Herstellern und ihren beauftragten Wissenschaftlern oder den Umweltschützern, denen die Pro-Glyphosat-Seite allerdings ebenfalls eigennützige Motive unterstellt?

Peinlicherweise kam inzwischen heraus, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) einfach bei Monsanto abgeschrieben hatte!

Die Weltgesundheitsorganisation stuft Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend" ein. Im Dezember endet die Genehmigung für das Pestizid in der EU und es wird eine neue Zulassung verhandelt. 

Meiner persönlichen Meinung nach werden die meisten Verbraucher, die sich mit dem Thema beschäftigen, mehr Vertrauen zu den Natur- und Umweltschützern haben als zu den Herstellern, die meist große Player der Agrarindustrie sind.

Glyphosat überall – ganz normal? 

In Deutschland wurden bei einer Untersuchung im Auftrag von Pro Natura in 70 % der Urinproben Glyphosat nachgewiesen, obwohl die Probanden in städtischen Gebieten wohnten – zu kritisieren ist zwar die relativ geringe Zahl der Probanden pro Land, allerdings wurde Glyphosat bei anderen Untersuchungen auch in Bier, in Muttermilch und im Urin von Kita-Kindern nachgewiesen.

Manche, die für den Glyphosat-Einsatz sind, argumentieren, dass alles in zu hoher Dosis zum Gift wird, auch Salz. Aber kann man das vergleichen? Die Vorstellung, dass der eigene Körper, die Muttermilch, die Körper kleiner Kinder oder das Bier ... anscheinend alles von Glyphosat mehr oder weniger durchsetzt zu sein scheint, ist vielen (den meisten?) Verbrauchern nicht geheuer. Salz kommt natürlich vor, ist sogar lebenswichtig für unseren Stoffwechsel. Glyphosat nicht. Es ist ein synthetischer Stoff, der 1971 von Monsanto patentiert wurde und inzwischen von mindestens 91 Herstellern offensichtlich gewinnbringend vertrieben wird.

Wer ist schuld?

Wem lasten gesundheit- und umweltbewusste Verbraucher an, dass sich das Glyphosat mehr oder weniger überall hin verbreitet und dass man sich mit diesem Thema befassen muss? Klar: Monsanto, Bayer, Syngenta und der sonstigen Agrarindustrie. Aber wen werfen sie gleich mit in diesen Club der zu Verteufelnden: Landwirte und Gärtner, jedenfalls die, die sich nicht davon distanzieren.

Eindeutig von Glyphosat distanzieren tun sich nur zertifizierte Ökobauern und Biogärtner!

Dies beantwortet meiner Meinung nach auch die Frage, die ich kürzlich las, warum eigentlich keine (konventionellen) Gärtner als kompetente Referenten zu den Urban-Gardener-Veranstaltungen (damit meine ich die Bürger-Garteninitiativen, nicht die der Betreiber der erdelosen und tageslichtfreien Pflanzenfabriken) eingeladen werden: Wegen der unzureichenden Distanzierung zum rein ökonomischen Denken, das Verbraucher mit der Agrarindustrie verbinden!

Meiner Meinung nach sind auch konventionelle Gartenbaubetriebe schlecht beraten, wenn sie sich, wie leider manche Berufsorganisation, mancher Verband und manche Fachzeitung, auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Pro-Glyphosat-Seite berufen. Das ist die Seite, der sie glauben (wollen).

Aber Recht hat am Ende nur eine Seite: die Endverbraucher. Es ist ihr Geld und ihre Entscheidung. Sie können kaufen, was sie wollen - und wenn das Erzeugnisse aus dem Anbau ohne Glyphosat ( = Bioanbau) sind, dann werden sie diese bevorzugen und die, von denen sie sich mit ihren Wünschen nicht ernst genommen fühlen, die Klippe runterfallen lassen. Und tschüss!

Was können Gärtner tun? 

Gärtner sollten mir ihren Kunden und/oder den Konsumenten ihrer Produkte selbst sprechen: Was diese wollen und was es ihnen wert ist.

Wie dumm es ist, Marktveränderungen, neuen Mitbewerbern und den Wünschen der Verbraucher (Gesundheitsbewusstsein, Umweltbewusstsein) mit Arroganz ("Sachargumente ignorierieren sie, sie handeln rein emotional") und Ignoranz zu begegnen, mussten schon andere lernen. Sie siechen inzwischen dahin oder sind bereits pleite. Beispiele findet man bei den Internet-Suchmaschinen (kennt noch jemand AltaVista?), Handys (Nokia – da war doch mal was) und anderer Elektronik, im Buchhandel (Amazon ist doch keine Konkurrenz für uns!), bei Boutiquen, Kaufhäusern, Zeitungsverlagen … Manchmal mag der Preis eine Rolle gespielt haben, sehr oft waren es jedoch Qualität, Service, das Kennen und Bedienen der Kundenwünsche und -bedürfnisse und Ähnliches.

Gärtnern darf es nicht ums Rechthaben gehen, sondern darum, ihre Kunden/die Verbraucher glücklich zu machen und davon gut leben zu können. Gärtner könnten meiner Meinung nach für Alternativen werben – Alternativen für Glyphosat auf dem Feld, aber auch im Hausgarten. Mit solchen Tipps bringen sie sich auch bei den jungen und/oder umweltbewussten Selbstversorgern und Freizeitgärtnern wieder ins Spiel.

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Was können Verbraucher tun?

Von den Verbrauchern wünsche ich mir, dass sie die Gärtner in ihrem persönlichen Umfeld über ihre Wünsche in Kenntnis setzen – freundlich, im persönlichen, netten Gespräch. Gebt den Gärtnern eine Chance – die meisten sind schwer arbeitende Menschen und haben sie mehr als verdient.

Und natürlich können sie sich selbst engagieren, beispielsweise für ein Verbot von Glyphosat in der EU per Petition (von Regenwald.org) stimmen.

Liebe Leser und Leserinnen, wie ist eure/Ihre Meinung zum Thema?


Über die Autorin
Eva Schumann ist Dipl.-Ing. (FH) für Gartenbau. Nach 15 Jahren im Gartenbau wechselte sie in die ITK-Welt, wo sie lange als technische Redakteurin und Web-Content-Verantwortliche arbeitete. Heute ist sie freie Journalistin, Redakteurin und Texterin für die Themen Garten/Gartenbau, Umwelt, Weiterbildung, Internettrends und mehr. http://www.evaschumann.biz

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