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Montag, 7. Juli 2014

Nachhaltigkeit: Verbraucher haben Einfluss


Gärtnerische Produkte - wie nachhaltig sind sie?
Kürzlich war ich im Kundenauftrag beim Weihenstephaner Hochschulforum Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). "Nachhaltigkeit im Gartenbau: Chancen, Risiken, Realitäten" war das Thema der ganztägigen Veranstaltung, über welche ich für den Auftraggeber schreiben sollte. Wie der Titel schon sagt, ging es um das Thema Nachhaltigkeit aus Sicht des Gartenbaus – der professionellen Pflanzen- und Lebensmittelproduktion.
 
Aktuelle Forschungsergebnisse und Erfahrungen zu den Aspekten ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit wurden vorgestellt und diskutiert. Wie es das Thema Nachhaltigkeit aber so an sich hat, kann man es nicht isoliert sehen, sondern muss die ganze Wertschöpfungskette von der Beschaffung der Rohstoffe (Dünger, Pflanzerde) über die Produktion, Vermarktung/Distribution bis zur Entsorgung betrachten und analysieren – from cradle to grave, von der Wiege zur Bahre, sozusagen. 

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Während ich den Vorträgen lauschte, wurde mir klar, wie sehr Verbraucher die Nachhaltigkeit ihrer gekauften Produkte beeinflussen können. Sie können im Prinzip die Bemühungen anderer Glieder in der Wertschöpfungskette mehr oder weniger zunichtemachen. Andererseits haben sie die Macht, durch ihren Einkauf die Produzenten und den Handel zu beeinflussen. Aber wissen die Konsumenten das auch?

Beispiel CO2-Fussabdruck
Viele Faktoren haben einen großen Einfluss auf den, CO2-Fussabdruck, Englisch: Product Carbon Footprint (PCF), von Gartenbauprodukten. Spargel verursacht beispielsweise 0,7 bis 6,3 kg CO2-Äquivalente, Erdbeeren 0,1 bis 10,2 kg, Schnittrosen 0,6 bis 21,6 kg und Orchideen 4,3 bis 30,8 kg CO2-Äquivalente, so Dipl.-Ing. (FH) Paul Lampert von der HSWT in seinem Vortrag. Diese PCF-Spannweiten umfassen jeweils alle Prozesse der Produktion, der Verteilung und beim Konsumenten. Die Spannweiten sind wegen des Verbrauchereinflusses so enorm groß.

Natürlich verursacht ein Gemüse, das bei uns im Winter im beheizten Gewächshaus angebaut wird, eine große Menge klimabeeinflussender Emissionen. Andererseits belastet auch der Transport per Flugzeug oder eine ineffiziente Distributionskette die CO2-Bilanz. Doch das Verbraucherverhalten bei Einkauf und häuslicher Verarbeitung kann diese Menge im ungünstigsten Fall (wenn der Verbraucher alles falsch macht) immer noch übertreffen – im Falle von Freilandgemüse kann der Verbraucher sogar ein Mehrfaches an klimarelevanten Emissionen zu verantworten haben.

Während ein Gartenbaubetrieb schon aus Kostengründen versuchen wird, den PCF eines Produktes niedrig zu halten, denn schließlich ist der meist ein Symptom vom Verbrauch teurer Energie oder anderer Rohstoffe, sind wir Verbraucher uns möglicherweise nicht immer bewusst, wo wir klimaschädlich handeln. Es sei aber vorweggeschickt, dass die durchschnittliche Menge der verbraucherseitigen klimarelevanten Emissionen eines Produktes normalerweise unter der durch Produktion und Transport verursachten liegt.

Top-Nachhaltigkeitstipps für Verbraucher: Autofahrten reduzieren/rationlisieren,
Gemüse mit wenig Wasser waschen und beim Kochen ebenfalls
nicht unnötig viel Wasser nehmen..
Zwar ist es aus Sicht des Gärtners CO2-sparend, wenn seine Kunden die Erdbeeren selbst pflücken, statt dass er sie ernten und zur Vermarktung irgendwohin transportieren muss. Doch auf die gesamte Wertschöpfungskette bzw. den Lebenszyklus des Produktes bezogen kann die Selbstpflücke klimaschädlicher als gut organisierte Importe sein – nämlich, wenn die Selbstpflücker alle von weit her mit dem Auto zum Pflücken anreisen. Das Gleiche gilt auch für den "Hofladentourismus". Die Nachhaltigkeit der regionalen umweltgerechten Produktion kann zunichtegemacht werden, wenn der Verbraucher mehrmals pro Woche weite Wege aufs Land raus mit dem Auto zurücklegt.

Sicher, der PCF beziehungsweise die Klimaschädlichkeit ist nur ein Aspekt beim Einkauf von Pflanzen und Lebensmittel, aber trotzdem können wir Verbraucher uns hier vielleicht bewusst besser verhalten: Lieber seltener mit dem Auto einkaufen und wenn, dann einen Großeinkauf tätigen, vor allem, wenn wir zum Einkaufen weiter weg müssen, außerdem Fahrgemeinschaften bilden, beim Anbieter nach einer ökologisch sinnvolleren Verteilung der Waren und/oder beim Supermarkt nach regionalen Produkten fragen, öfter mal zu Fuß oder mit dem Fahrrad im Laden um die Ecke einkaufen etc.

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Viel Energie und damit CO2 lässt sich übrigens auch durch Kochen mit weniger Wasser (Kartoffeln, Gemüse) einsparen.

Beispiel Fairtrade
Fairtrade will nicht nur bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der ProduzentInnen und ArbeiterInnen in den Produktherkunftsländern im Süden erreichen, sondern fördert dort auch den nachhaltigen Anbau, Nützlingseinsatz und Renaturierung. Fairtrade für Schnittblumen ist eine Erfolgsgeschichte – dank deutschen VerbraucherInnen.

Inzwischen ist jede vierte Rose, die in Deutschland verkauft wird, Fairtrade-zertifiziert! 2013 waren es 324 Millionen Stiele (2005 war man mit 3 Millionen gestartet).

Das heißt, deutschen Verbrauchern ist es wichtig, dass die, die unsere Produkte in Afrika, Asien und Lateinamerika produzieren, ordentlich leben und arbeiten können. Wäre dem nicht so, wären nicht so viele Supermarktketten und der Fachhandel darauf angesprungen, denn schließlich sind diese Produkte durch die aufgeschlagene Fairtrade-Prämie teurer. Über den Fairtrade-Code am Produkt kann der Käufer übrigens auf der Fairtrade-Internetseite nachschauen, was mit der Prämie des jeweiligen Produktes geschieht.

Meine ausführlichen Berichte über alle Vorträge des Weihenstephaner Hochschulforums Gartenbau 2014 einschließlich der Bickelpreisverleihung werden in den nächsten Ausgaben des DEGAProduktion & Handel Magazins enthalten sein.


Sonntag, 13. April 2014

Geärgert über dreckige Kartoffeln

Letztens habe ich im Bioladen meines Vertrauens mal Kartoffeln im Sack gekauft. Na ja, eigentlich war es eine feste braune Papiertüte mit 2 kg Kartoffeln darin. Sah hübsch aus die Tüte, und ich dachte, ich erspar mir das lästige Abwiegen, wie man es bei loser Ware im Bioladen immer noch tun muss, und nahm eine Tüte Kartoffeln mit.

Kartoffeln im Papiersack entpuppen sich manchmal
schmutziger als erwartet.

Als ich die Knollen dann zuhause kochen wollte und die Packung öffnete, dachte ich, ich sehe nicht recht: Die Knollen waren mit getrocknetem schwarzen Lehm überzogen.

Wenn ich Lehm kaufen und bezahlen möchte, dann gehe ich nicht in eine Lebensmittelabteilung.

Vielen Dank auch, es macht mir ja so viel Spaß, Kartoffeln zu schrubben und hinterher die Spüle zu putzen, dachte ich. Das meine ich natürlich nicht ernst, jedenfalls nicht, wenn ich das Gemüse nicht selbst herangezogen habe.

Bei Kartoffeln, Möhren und anderem Wurzelgemüse aus dem Laden erwarte ich heutzutage, dass ich saubere Ware erhalte, die ich nur kurz abbrausen, aber nicht mehrmals schrubben muss - abgesehen davon, dass man den Lehm ja auch bezahlt. Die anderen (losen) Kartoffeln im Sortiment des Ladens waren übrigens alle sauber gewaschen gewesen, nur die abgepackten in der blickdichten Tüte nicht - was ich aber nicht dem Laden, sondern dem Erzeuger/Verpacker anlaste. Und es hat auch nichts mit Bioläden per se zu tun, da ich Ähnliches vor Jahren auch bei im Supermarkt gekauften Kartoffeln erlebt habe.



Jedenfalls schaute ich nun im Internet, ob sich andere Verbraucher vielleicht auch schon beschwert hatten, fand aber nichts. Allerdings las ich von einem Kartoffelanbauer, der in einem Interview sagt, dass Kartoffeln mit Erdschicht länger haltbar seien.

Papperlapapp, ist meine Meinung dazu. Das Thema Haltbarkeit mag eine Rolle spielen, wenn man Kartoffeln in großen Mengen kauft und einlagert. Früher hatte man noch kühle, feuchte Keller unter den Häusern. Dort wurden Kartoffeln und Kohlen gelagert, nicht zuletzt, weil vieles andere dort nur vergammelt wäre. Aber erstens hat heute kaum noch jemand solche Keller und das Argument trifft doch wohl nur zu, wenn jemand große Mengen, beispielsweise 50, 100 oder mehr kg Kartoffeln, kauft. Wenn ich meine 2 kg Kartoffeln in der Küche aufbewahre, keimen die mit Erdschicht - wie ich an den nicht verbrauchten sehen konnte - genauso schnell, wie sonst die Kartoffeln ohne Erdüberzug.

Abgesehen davon: Es scheint mir auch ökologisch sinnvoller, die gesamten Kartoffeln beim Erzeuger durch eine Gemüsewaschmaschine zu jagen, bevor sie verpackt werden, als wenn jeder Konsument sie zuhause mit viel Wasser selbst bürstet.

Hauptsächlich geht es mir bei diesem Ärger jedoch um die fehlende Transparenz. Wenn man auf dem Markt oder im Laden lose Kartoffeln kauft, sieht man ja, was man bekommt. Bei Kartoffeln im Papiersack jedoch nicht. Blickdicht verpackte Kartoffeln kaufe ich jedenfalls so schnell nicht mehr, obwohl ich zugeben muss, dass die rotschalige 'Laura', die sich hinter dem Lehm verbarg, sehr gut schmeckte.

Wie ist eure/Ihre Meinung dazu? Bin ich zu pingelig?


Freitag, 19. Juli 2013

Buddha-Figuren bei Obi

...helfen nicht gegen Blasen an den Füßen

Von wegen, nur Männer lieben Baumärkte. Frauen doch auch!

Nicht nur, weil es da so viel Zeugs gibt, von dem man noch nie gehört hat und bei manchem nicht wusste, dass man es als Bauteil besaß, bevor es kaputt ging und man im Baumarkt Ersatz suchen musste. Oder wegen der Terrassen-Möbel, Solarlampen und dem Bastelbedarf. Frauen lieben Baumärkte auch, weil ein Besuch dort bei Regen, Glatteis oder Hitze den Outdoor-Sport ersetzen kann! Die amerikanischen Rentner walken morgens in den unendlichen Fluren der Shopping-Malls, während die Regale in den Geschäften auf den Verkaufstag vorbereitet werden. Ich walke gerne durch die riesigen Baumärkte während der Einkaufszeit: Einkaufen und Sport in einem - und manchmal ist sogar Schlammcatchen im Baumarkt im Preis mit drin.

Ein Besuch im Baumarkt ist für mich immer auch ein kleiner Ausflug - ein Stündchen, in dem ich den Alltag hinter mir lasse und mich auf die wundersame Welt von Baumeister Bob und Tim Taylor, den Heimwerkerkönig, einlasse. Inzwischen kann ich Verkäufern gegenüber sogar artikulieren, was ich suche, wenn ich was suche, da ich die Bezeichnungen für Ersatzteile und Werkzeuge vorher im Internet recherchiere oder in einem Handwerksbuch für Anfänger nachschlage, das mir ein lieber Zeitgenosse kürzlich geschenkt hat.

Gestern benötigte ich zwar nichts Handwerkliches, sondern nur eine kleine Packung organischen Dünger für den Garten, aber die Gelegenheit wollte ich nutzen. Zwar hätte ich den Dünger auch im Internet bestellen können, aber dann hätte ich die Versandverpackung beim städtischen Wertstoffhof entsorgen müssen. Dann doch lieber einen Ausflug in den Baumarkt machen, hatte ich mir gedacht. So bekomme ich den Dünger sofort und dazu auch gleich etwas Bewegung - die Gartenartikel und Pflanzen sind nämlich die vom Ein- und Ausgang am weitesten entfernten Sortimente.

Mein neues, kleines und spritsparendes Auto (das mit dem Carsharing habe ich doch nicht geschafft) freute sich auch, mal aus der Garage zu dürfen, und so gurkten wir am gestrigen sonnigen Morgen zuerst in den Supermarkt und dann zu Obi.

Ich hatte zwar vorausschauend flache Ballerinas angezogen, aber als ich beim Baumarkt ankam und einen Einkaufswagen holte (unbewusst hoffte ich wohl von Anfang an, dass ich neben der Düngerpackung noch anderes finden würde), bemerkte ich meine Fersen. Das war schlecht, denn man spürt Körperteile nur dann, wenn mit ihnen irgendwas nicht stimmt. (Warum muss man seine Füße eigentlich jedes Jahr wieder an die schöneren seiner Sommer- oder Winterschuhe gewöhnen?)

Ich ignorierte die Fersen und ging zügig mit meinem Einkaufswagen Richtung Eingang - Walken (= Sport) stand auf meinem Plan, nicht Schlendern! Gerade wollte ich den Präsentationsbereich für Saison-Highlights vor den automatischen Eingangsschranken durchqueren, als ich bemerkte, dass ich von lauter steingrauen Männern umzingelt war, die alle zufrieden ins Nichts lächelten. Mit quietschenden Bremsen blieb ich stehen: Buddha-Figuren bei Obi?

Ich hatte schon mehrmals Zeitungsartikel in der Art "Buddha-Figuren sind die neuen Gartenzwerge" gelesen. In natura hatte ich Buddhas jedoch bisher nur in Thailand oder in asiatischen Gärten gesehen. Ich erinnerte mich plötzlich an die Kolumne von Harald Martenstein im ZEIT-Magazin, wo er meinte, er sei wohl bald der letzte Deutsche ohne Buddha. Ich hatte gedanklich den Finger gehoben: Hier ist noch so ein Mensch.

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Und da standen sie nun leibhaftig: Buddha-Figuren - als Saisonartikel in einem deutschen Baumarkt!

Ich ging nachdenklichen Schrittes weiter und die Eingangsschranken öffneten sich einladend vor mir.

Irgendwie hatte ich mir nie darüber Gedanken gemacht, wo sich der Mensch seinen Deko-Buddha für die Wohnung oder den Garten eigentlich kauft. Grübelnd darüber, ob man überhaupt religiöse Symbole zu Deko-Zwecken nutzen sollte, durchquerte ich den Baumarkt - hundert Meter für hundert Meter, ohne irgendetwas links oder rechts wahrzunehmen.

Ja sicher, als es Mode war, trugen viele junge Frauen bei uns mit Zirkonien oder Edelsteinen verzierte Kreuze an ihren Halsketten, ohne dass sie damit eine religiöse Aussage machen wollten. Die Kreuze wurden von den meisten nur als hübsche Schmuckstücke wahrgenommen. Und andere Menschen hängen sich Sammlungen christlicher Reliquien ins Wohnzimmer. Warum also nicht auch Buddha-Statuen im Garten? Offensichtlich mag der Mensch Dinge, die ihn in positive Stimmung versetzen, und seit Gartenzwerge zum Symbol deutschen Spießertums wurden, klaffte da eine Lücke.

Inzwischen war ich einen halben Kilometer gelaufen und beim Gartenbedarf angekommen. Gedankenverloren stellte ich die Packung mit dem Dünger, wegen dem ich gekommen war, in den Einkaufswagen und schob ihn dann weiter in den Pflanzen-Ausstellungsbereich. Doch ich konnte mich heute gar nicht auf Gartenstauden, Sträucher, Kletterpflanzen und Co. konzentrieren. Lediglich ein hübscher Lavendel konnte mein Interesse wecken, und nachdem ich ihn in den Einkaufswagen gestellt hatte, machte ich mich auf den Rückweg.

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Und was denken die Menschen in den Ursprungsländern der Buddha-Figuren darüber, wie ihre religiösen Symbole bei uns verwendet werden?, ging mir durch den Kopf. Wissen sie es, machen sie sich Gedanken darüber? Verletzen wir ihre Gefühle damit? Und: Darf uns das egal sein?

An der Kasse angekommen drängten sich mehr und mehr meine schmerzenden Fersen in den Vordergrund. Inzwischen brannten sie so stark, dass ich wusste, dass die Blasen aufgerieben waren. Nächstes Mal würde ich für den Ausflug in den Baumarkt wieder die ausgelatschten Sommer- wie Winter-Sportschuhe anziehen, notierte ich mir in Gedanken.

Nachdem ich Dünger und Lavendel bezahlt hatte, passierte ich wieder die Buddha-Parade im Eingangsbereich. Ich muss zugeben, sie strahlten Ruhe und Würde aus, selbst zwischen Aufsitzmähern und Sonderangeboten. Träumen sie von Bali, Thailand oder von wo man sie sonst entführt hat?

Gegen Blasen an den Füßen helfen sie jedenfalls nicht. Aber das hätte man von einem Gartenzwerg ja auch nicht erwartet.

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Dienstag, 23. April 2013

Bezahlpflicht für Plastiktüten gegen Plastikmüll im Meer?

Ich bin ja in der Regel auf der Seite der Umweltbewussten und das Letzte, was ich möchte, ist, dass Flora oder Fauna durch Müll - weder Plastik-, noch Atommüll, weder an Land, noch im Meer - zu Schaden kommen. Aber ich verstehe nicht, was die Einführung einer Bezahlpflicht für Plastiktüten in Deutschland an dem schwimmenden Plastikmüll in den Weltmeeren ändern könnte. 
Mülleimer getarnt und ausgelagert auf die Terrasse

Erstens: Man muss doch für Plastiktüten in Deutschland schon lange fast überall bezahlen. Zweitens: Plastiktüten und andere Tüten bekommen meistens ein zweites und drittes nützliches Leben im Haushalt. Und Drittens: Meines Wissens landet der Hausmüll in Deutschland einschließlich der Plastiktüten in der Müllverbrennungsanlage - die Tüten können nach der Verbrennung nicht mehr ins Meer gelangen, denn sie sind weg. Woher kommen also die ganzen Plastiktüten und anderer Plastikabfall im Meer? Jedenfalls nicht aus dem normalen deutschen Hausmüll.

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Plastiktüten-Mehrfachnutzung

Ich mag nämlich Plastiktüten - in Maßen - und ich will sie auch weiterhin z. B. für meinen Mülleimer nutzen, denn im Gegensatz zu Papiertüten, Zeitungspapier oder Kartons sind sie nicht steif und sperrig und sie weichen bei Feuchtwerden nicht auf - so dass ich durch die Verwendung von gebrauchten Plastiktüten als Mülltüten jede Menge Wasser, Putzmittel und Ekel spare, weil ich meinen Mülleimer so gut wie nie auswaschen muss.

Mülleimer: Plastiktüte in abgeschnittenem Eimer in Tontopf
mit Untersetzer als Deckel
Ich bin kein Umweltschwein per se - auch wenn ich auf meiner Plastiktüte für den Mülleimer bestehe, solange es nichts anderes mit den gleichen Eigenschaften gibt. Doch ich versuche, insgesamt wenig Müll zu produzieren, und ich kaufe nur so oft eine Plastiktüte im Supermarkt, wie ich sie für meinen Mülleimer brauche (nämlich falls ich keine ausrangierte Plastiktüte mehr habe), denn ich habe jede Menge Stoffbeutel, Einkaufstaschen usw., die ich ansonsten regelmäßig und lieber zum Einkaufen benutze. Ich gehe grundsätzlich nicht leichtfertig mit Verpackungsmaterial um - zum Beispiel habe ich immer noch einige von den riesigen, bunten Papiertüten, die es Ende der 1990er Jahre auf Computermessen gab - sie haben überlebt, im Gegensatz zu manchen der Unternehmen, die es bald nach den Messen zerbröselt hat. Diese bunten Tüten nehme ich zum Beispiel zum Altpapiersammeln her und führe sie noch einmal in ihrem alten Glanz aus, wenn ich mit ihnen zum Altpapier-Container spaziere, um sie dort auszuleeren. Kartons von Lieferungen und ihr Füllmaterial hebe ich oft jahrelang im Keller oder unter der Küchenbank auf, in der Hoffnung, dass ich noch einmal eine Aufgabe für sie finde. Bekomme ich doch einmal eine stylische Plastiktüte in einem Bekleidungs- oder Schuhgeschäft geschenkt, dann sind solche Plastiktüten für mich besondere Behältnisse, die mir auf Reisen oder für den Sport als Aufbewahrungssack für getragene Wäsche, nasse Badekleidung, Schuhe oder sonst was jahrelang gute Dienste tun. Und ich bin sicher nicht die Einzige, die das so handhabt. Das ist bei sehr vielen Menschen meines Wissens auch so oder ähnlich.

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Plastiktüten werden mit dem Hausmüll verbrannt - normalerweise

Plastiktüten, die bei mir den Haushalt endgültig verlassen, tun es, wie gesagt, als Mülltüte. Die werden von einem großen Wagen abgeholt und in die Müllverbrennungsanlage gefahren. Und dass Hausmüll samt Plastiktüten in der Müllverbrennungsanlage landet, ist in Deutschland meines Wissens überall so. Daher stellt sich immer noch die Frage: Wie kommen die Plastiktüten und Plastikabfälle ins Meer? Sind es achtlos weggeworfene Plastiktüten aus Deutschland? Dann sollte es doch wohl eher Strafen für das achtlose Wegwerfen geben - zum Beispiel Verdonnern der Überführten zu Zwangs-Müllsammeln in der Natur - an Stränden, Flüssen, Gebüschen und in Wäldern. Sind es versehentlich in der Müllverbrennungsanlage oder beim Picknick weggeflogene Tüten? Dann muss man sich dazu etwas einfallen lassen. Oder soll die Abgabe in Deutschland ein Vorbild für andere Länder sein, die ihren Müll nicht verbrennen? Mir scheint, da wären Gespräche und Vereinbarungen zur Kostenbeteiligung für die Entfernung des Plastikmülls aus dem Meer, was endlich gemeinsam in Angriff genommen werden sollte, anteilig nach Verursacher sinnvoller.

Jedenfalls, die Logik, dass eine Abgabepflicht auf Plastiktüten in Deutschland irgendetwas am schwimmenden Plastikmüll im Meer ändern könnte, erschließt sich mir nicht. Das soll aber nicht heißen, dass der schwimmende Plastikmüll nicht ein wichtiges Problem ist, gegen das wir etwas unternehmen müssen - genauso wie gegen die korrodierenden Fässer mit Atommüll im Meer, die Einleitung von belasteten Abwässern aus Atomkraftwerken etc. Allerdings, der Ruf nach einer Bezahlpflicht für Plastiktüten scheint mir unsinniger Aktionismus und überflüssige Regulierung zu sein.

Ergänzung am 05.06.2013
Außerdem könnte sich das auch als Benachteiligung des stationären Handels gegenüber dem Online-Handel auswirken. Der stationäre Handel soll verpflichtet werden, Gebühren für die Plastiktüte zu verlangen, während der Online-Handel mit kostenlosem Versand nach Hause punktet - dabei sind seine Produkte auch oft in Plastik eingeschweisst und oft genug in überdimensionierten Verpackungen mit Füllmaterial gepackt.

Ich bin gespannt auf andere Meinungen.

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Dienstag, 12. März 2013

Alleinstehender, gut aussehender Kühlschrank unter 50 gesucht, Tiefgang kein Problem, Hauptsache er macht nicht zu viel Dreck

Nein, der Titel ist keine Anzeige in einer Partnerbörse für Kältefanatiker, sondern so ähnlich lautete meine Suche nach einem neuen Kühlschrank, der weniger als 50 cm breit sein sollte, aber gerne 60 cm tief hätte sein dürfen - weil darauf meine Mikrowelle Platz finden muss und ein bisschen zusätzliche Ablagefläche davor auch nicht geschadet hätte -, der ein dicht schließendes Eisfach haben sollte (wenn schon, denn schon), stabil und frei stehend und knapp 85 cm hoch sein sollte. Energieeffizienzklasse A+++ oder A++ wären mein Wunsch gewesen und leise musste er auch noch sein. Dazu kommt, dass der neue Kühlschrank bei Lieferung an seinem neuen Platz aufgestellt werden und das Altgerät gleich mit genommen werden sollte. War das zu viel verlangt? Anscheinend ja.

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Seit zweieinhalb Jahren ist mein alter Kühlschrank kaputt. Aber da er noch so gut aussah, wollte ich mich nicht von ihm trennen und teste seitdem ein Leben mit Schrank ohne "Kühl". Da ich als freie Journalistin und Autorin zuhause arbeite und Kiosk, Bäcker, Fast-Bio-Metzger, Tankstelle, Bioladen und einen Tante-Emma-Laden mit türkischem Sortiment - alle mit großen Kühlschränken voller gekühlter Getränke und Lebensmittel - in der nahen Umgebung habe, war das für mich gar kein Problem. Ich kaufte eben stärker nach Bedarf ein (siehe Erprobt: Leben ohne Kühlschrank), verstaute manches Kühlbedürftige über Nacht schon mal im Kofferraum meines Autos in der Tiefgarage oder im Winter auf der Terrasse. Da ich inzwischen gelegentlich und unverbissen vegetarische Gerichte auf Sojaschnetzel-Basis in meinen Speiseplan einbaue und die Milch im Tee durch Hafer-Soja-Drink ersetze, ist die Kühllagerung noch etwas unwichtiger geworden. Ein großer Vorteil: Durch den Kühlschrank-Verzicht sparte ich jede Menge Strom - das tut angesichts meiner permanenten Notebook-Nutzung und dem hohen TV-Konsum meinem Umweltgewissen gut.

Allerdings wurde der alte Kühlschrank in den letzten Monaten wirklich sehr unansehnlich, weil ich die Platte des Elektroherdes daneben mehrmals habe zu heiß werden lassen, und ich überlegte, ob ich den alten Kühlschrank durch einen neuen Schrank oder einen neuen Kühlschrank ersetzen sollte. Nach monatelangen Diskussionen im Freundeskreis wurde ich überzeugt, doch wieder einen Kühlschrank zu kaufen - ich müsse ihn ja nicht anschalten, war das schlagende Argument.

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Ich bin mir nicht sicher, ob man mich ausgetrickst hat, damit ich mich küchentechnisch wieder an die deutsche Normalität anpasse, oder ob ich nur einfach froh war, die letzte Entscheidung über die Verwendung eines Kühlschrankes noch einmal aufschieben zu können. Auf jeden Fall machte ich mich nun ernsthaft auf die Suche nach dem neuen "Kühlschrank unter 50 cm" - vorher hatte ich immer nur mal vorsichtig geguckt.

Das Angebot an Kühlschränken ist riesig. Als problematisch stellte sich die gewünschte Breite heraus - 46 cm wäre mir noch lieber als 50 cm gewesen, um mehr Platz zum Herd zu haben -, nicht nur, weil es schmale Kühlschränke nicht so oft gibt, sondern weil die Filterfunktionen bei den Online-Shops diese Suche nicht vorsehen - man kann zwar nach Marke, Höhe oder Innenvolumen filtern, nicht jedoch nach Breite und Tiefe. Nur bei einem Elektrofachhändler im Internet konnte ich den Filter Maximalbreite setzen, allerdings wurden trotzdem alle breiteren Kühlschränke in den Suchergebnissen aufgelistet - mit einem Minuskennzeichen vor der Breitenangabe -, angucken musste man sich in den Suchergebnissen also trotzdem alle Trillionen Kühlschränke mit einer Breite von über 50 cm.

Zwischendrin verlor ich immer wieder die Lust an der Suche und verdrängte die Schrank-/Kühlschrank-Problematik. Doch jedes Mal rief irgendein Freund an, er habe einen Kühlschrank mit 49,5 cm in einem Elektrofachmarkt, beim Baumarkt, im Internet oder sonst wo gesehen. Also habe ich mich wieder auf die Suche gemacht, den Kühlschrank auch gefunden, die weiteren Daten begutachtet, nach Tests gesucht usw. Immer hat irgendetwas nicht gepasst: Andere Kunden beklagten in den Bewertungen die Lautstärke, das nicht dicht schließende Eisfach oder die unzureichende Qualität der Seitenfächer. Stiftung Warentest beklagte das Einlaufen von Wasser in den Kühlraum beim Abtauen des Eisfaches und, und, und. Als ich endlich doch einen Kühlschrank gefunden hatte, der mir gefallen hätte und der einen Energieeffizienzwert von A++ hatte, wurde keine Abholung vom Altgerät bei Kauf dieses Gerätes angeboten, obwohl vorher groß mit diesem Service geworben wurde.

Also wieder von vorne. Es dauerte Wochen, es war nervig.

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Wie es oft im Leben ist, musste ich auch bei meinem Kühlschrankkauf am Ende einen Kompromiss eingehen, denn die attraktiven Kühlschränke unter 50 cm Breite hatten oft zu wenig Tiefgang, machten zu viel Krach oder verbrauchten zu viel Strom, was ja auch Klimabelastung bedeutet. Am Ende wurde es ein Kühlschrank europäischer Marke mit den Maßen 50x50x85 (Breite x Tiefe x Höhe in cm) mit Viersterne-Eisfach, Energieeffizienzwert A+, 37 dB Luftschallemission. Bestellt habe ich ihn in einem deutschen Online-Shop in Hessen. Er war günstiger als geplant - ich hätte ja lieber A++ oder A+++ gehabt, aber fand keinen, der auch die anderen Anforderungen erfüllte. Der neue soll laut Vereinbarung an seinen Platz in der Küche gestellt und Verpackung und alter Kühlschrank werden mitgenommen. Lieferbar ist der neue Kühlschrank erst in ein paar Wochen. Bewertungen gab es noch keine - also auch keine negativen - das könnte noch Überraschungen geben.

Aber die Frage aller Fragen ist sowieso noch offen: Werde ich ihn anschalten?

Nachtrag: Und so ging es aus: Der Kühlschrank - treues Familienmitglied oder böser Stromfresser? Auf jeden Fall oft unwiderstehlich.



Donnerstag, 14. Februar 2013

Wie ich lernte, meinen tropfenden Wasserhahn selbst zu reparieren

Oder: Keinen Bock auf Abzocke

Tropfenden Wasserhahn reparieren -
das wollte ich eigentlich gar nicht lernen,
sondern eine Handwerksfirma beauftragen. 
Heute früh hatte ich ein Telefongespräch mit einer Firma für Heizung, Sanitär- und Elektrotechnik. Zu deren Angebotspalette gehören auch Servicearbeiten wie Reparaturen im Bad. Das Telefongespräch lief ungefähr so ab.

"Guten Tag. Bei mir lassen sich die Wasserhähne vom Waschbecken nicht mehr ohne großen Kraftaufwand schließen. Ich vermute, dass die Dichtungen ausgetauscht werden müssen. Was würde das kosten? Ich wohne im gleichen Ort."

"Was für eine Marke hat denn der Wasserhahn?"

"Das weiß ich nicht."

"Das muss aber draufstehen."

Ich ging ins Bad.
"Da steht nichts drauf. Aber das Modell ist nichts Ungewöhnliches, sieht aus, wie alle Wasserhähne: in der Mitte das Ding, wo das Wasser rauskommt, links ein Warmwasser-Drehknopf, rechts einer für kaltes Wasser."

"Da werden wir wohl die ganze Batterie austauschen müssen."

"Aber wieso denn? Der Wasserhahn ist zwar schon relativ alt - vermutlich seit dem Hausbau drin -, aber er sieht noch aus wie neu."

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"Ja, aber die Teile sind so fest verbaut, da kann man keine Dichtung austauschen."

"Und was würde ein Batterieaustausch, wie Sie ihn vorschlagen, kosten?"

"Wollen Sie einen Einhebel- oder Zweihebel-Mischer?"

"Wieder zwei getrennte Drehknöpfe."

"Etwa 85 Euro plus Mehrwertsteuer für die neue Anlage. Dazu kommen die Handwerker-Kosten für den Einbau."

"Und wie viel kostet der Handwerker für den Einbau ungefähr?"

"42 Euro pro Stunde. Der Einbau dauert ca. 1,5 Stunden."

Schluck.
"Das sind ja über 150 Euro nur wegen einem undichtem Wasserhahn. Das muss ich mir überlegen."

Natürlich brauchte ich da nicht lange überlegen. Denn wie schnell sie mir unbedingt eine neue Mischbatterie mit Armaturen verkaufen wollte, war mir Hinweis genug, dass ihr Anliegen nicht war, mir - einer potenziellen Kundin - möglichst sinnvoll zu helfen und so ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen, sondern mir was Teures zu verkaufen.

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Ich habe noch einmal ins Internet geschaut, ob ich nicht doch eine brauchbare Anleitung finde, die ich als Laie kapiere und abarbeiten kann. Ich fand sie bei Tippscout - "Heimwerker: Wasserhahn tropft - so können Sie ihn abdichten". Also habe ich mich mithilfe der Tippscout-Anleitung selbst ans Werk gemacht - und tatsächlich sah mein Ventil genauso aus, wie das auf deren Bildern, sodass ich alle Einzelteile, an denen ich ansetzen musste, auch bei mir vorfand.

Da ich keine Wasserhahn-Dichtungen vorrätig hatte, habe ich die Dichtungen in ihren Lagern nur umgedreht und alles wieder zusammengebaut - als provisorische Lösung. Es funktioniert nun noch nicht top - ich muss immer noch kraftvoll zudrehen, aber besser wie vorher. Die Dichtungen habe ich während des Ausbaus auf Papier gezeichnet und werde beim nächsten Baumarkt-Besuch neue kaufen, denn natürlich halten umgedrehte verbrauchte Dichtungen nicht mehr lange durch. Möglicherweise brauche ich auch bald komplett neue Ventile, denn meine sind - wie man im Bild sieht -, ja wirklich nicht mehr ganz taufrisch. Aber jetzt weiß ich ja, wie das Auswechseln geht - obwohl ich das nie lernen wollte.

Übrigens: Am schwierigsten war es, die Ventile mittels Wasserpumpenzange (ich wusste vorher auch nicht, dass das Ding - im Bild die Zange links - so heißt) die Sechskantschrauben zu lösen, weil die da seit vermutlich seit 30 Jahren gemütlich festsaßen. Und das Herauspopeln der abgewetzten Dichtungen hat mich auch einen Fingernagel gekostet. Aber dafür habe ich 150 Euro gespart und viel gelernt.

Für die kontaktierte Firma ist meine Do-it-yourself-Reparatur in zweierlei Hinsicht schlecht: Nicht nur haben sie nun nicht einmal einen kleinen Reparaturauftrag erhalten, sondern sie werden von mir auch sicher niemals für größere Aufträge kontaktiert. Tatsächlich wollte ich die reparierende Firma nämlich kennenlernen, weil ich auf Sicht von ein bis drei Jahren eine Rundum-Badsanierung ins Auge fasse. Aber nun sicher nicht mit diesem Unternehmen.

Was wäre ein kundenfreundliches Verhalten gewesen?

Die Firma hätte einen Handwerker zur Reparatur mit verschiedenen Dichtungen, Ventilen und ein bis fünf Ersatz-Mischbatterien und einem Katalog schicken können. Hätten sich die Dichtungen auswechseln lassen, hätten sie eine zufriedene und vertrauende Kundin gewonnen. Hätten sich die Dichtungen und Ventile nicht auswechseln lassen - was man mir dann vor Ort hätte zeigen können -, dann hätten sie mir neue Batterien zur Auswahl zeigen und ich mich vor Ort entscheiden können. Sie hätten auch die neuen Batterien gleich zeigen können, um mich mit deren Schönheit zu blenden ... Es hätte viele Möglichkeiten gegeben, mich zu einer zufriedenen Kundin zu machen, die die Firma gerne weiterempfohlen hätte. Tja, ham se wohl verpasst! Und eine zweite Chance wird es nicht geben.

PS: Ich bin sicher, es gibt auch kundenorientierte Handwerker für Bad und Sanitär, sie sind nur nicht so leicht zu finden.

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Freitag, 4. Januar 2013

Lokale stationäre Geschäfte und Städte müssen sich ändern

Ich will ja gerne mehr über den lokalen stationären Einzelhandel kaufen, um ihn zu erhalten. Aber der macht es einem nicht immer leicht, ihn zu lieben und bei ihm einzukaufen. Was müsste passieren, damit man öfter in einem Laden der eigenen Stadt oder nächsten Großstadt einkauft anstatt bei Amazon, Ebay & Co.? Ein paar Vorschläge aus Verbrauchersicht, mit denen man die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen stationären Geschäfte verbessern könnte - mit der Bitte um eure/Ihre Ergänzung per Kommentar.

Kürzlich habe ich in meinem Text- und Kommunikations-Blog und in einem Beitrag bei Deutschlandradio Kultur darüber lamentiert, dass der lokale stationäre Einzelhandel - die lokalen stationären Geschäfte allgemein und unsere Einkaufsmeilen mit Shopping-Tempeln, Boutiquen, Restaurants und Straßenkünstlern im Besonderen - verloren geht, wenn wir alle immer mehr im Internet, vor allem über ausländische Großunternehmen, kaufen.

Stationärer Handel

Ich gebe zu, ich bin auch schuld an dieser Entwicklung, denn aus Begeisterung für Amazon, Ebay und Co. habe ich in den vergangenen Jahren selbst fast alles im Internet gekauft. Ausschlaggebend dafür war manchmal der Preis, vor allem aber waren es die große Auswahl und die Bequemlichkeit. Doch irgendwie hatte ich immer im Hinterkopf: Wenn ich will, dann kann ich jederzeit wieder in die Stadt gehen und dort einkaufen. Nun muss ich feststellen, dass dem nicht so sein wird: Dadurch, dass immer mehr Leute online einkaufen, gehen die Läden in den Städten pleite - sie haben nicht genug Reserven, um darauf warten zu können, dass wir uns an sie erinnern. Und mit den Läden geht dann auch ein Teil der Gewerbesteuereinnahmen der Städte flöten und mit ihnen Geld für Kultur und andere städtische Ausgaben. Denn statt in die stationären Geschäfte, die Arbeitsplätze unserer Nachbarn und Ausbildungsplatz unserer Kinder sind, fließt unser Geld beim Internet-Shopping häufig an international agierende Unternehmen, die ihre Einnahmen zu einem möglichst großen Teil in Luxemburg versteuern und bei uns vor allem Niedriglohn-Jobs als Picker und Packer bieten.

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Ich möchte einen Gegentrend starten und natürlich auch selbst wieder mehr in die Innenstadt gehen bzw. im lokalen Einzelhandel kaufen. Bei meinen ersten Versuchen habe ich mich allerdings gleich über ein paar Dinge geärgert. Doch statt gleich den Rückzug ins Internet anzutreten, möchte ich die Mängel aus Verbrauchersicht auf den Tisch bringen bzw. Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen.

Was könnten lokale stationäre Geschäfte besser machen?

Die Geschäfte in den Innenstädten, die hohe Mieten zahlen müssen, können sich natürlich nicht über Niedrigstpreise von der Online-Konkurrenz abheben. Aber es gibt andere Möglichkeiten - vor allem, was kundenfreundliches Verhalten und Serviceangebote angeht, ist noch viel Luft nach oben.

Kundenzentrierte und fachkundige Beratung
Kundenservice ist ein weites Feld und fängt bei einer fachkundigen Beratung an. Der Verkäufer oder Einzelhändler muss hier nachhaltig denken und handeln: Nur ein gut beratener Kunde kommt wieder. Der Kunde, dem etwas Unnützes aufgeschwatzt wurde, informiert sich das nächste Mal lieber selbst im Internet und kauft dann wahrscheinlich auch dort.

Bestell- und Lieferservice anbieten
Kunden heutzutage sind im Zeitdruck. Sie möchten kaufen und mitnehmen - nicht noch einmal wiederkommen, wenn eine ausverkaufte Ware wieder eingetroffen ist. Wenn die vom Kunden gewünschte Ware nicht auf Lager ist, könnte der Einzelhändler dem Kunden anbieten, sie zu bestellen und ihm nach Hause zu liefern bzw. schicken zu lassen.

Montage- und Reparaturservice
Meine Mutter war, was die Anschaffung von Elektrogeräten betrifft, schlauer als ich - sie hat sich nicht von günstigeren Preisen im Internet oder von Geiz-ist-geil-Geschäften verführen lassen, sondern kauft ihren Fernseher und ähnliche Geräte immer beim Elektrofachmann in ihrem Dorf. Der bringt und montiert das Gerät und übergibt es ihr eingestellt und gebrauchsfertig. Benötigt ein Gerät nach Jahren vielleicht eine Reparatur, dann kommt er mit einem kostenlosen Ersatzgerät für die Zeit der Reparatur. Mit solchen Serviceangeboten kann sich der Einzelhändler vor Ort von der Billig-Konkurrenz im Internet abgrenzen. Aber er muss dann auch deutlich kommunizieren, dass sein guter Service dem Kunden den Verpackungsmüll und stundenlanges Lesen unverständlicher Gebrauchsanweisungen erspart und er auf Fernsehen oder ähnliches auch während der Reparaturzeit nicht verzichten muss.

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Kundenorientierte Öffnungszeiten
Die Zeiten haben sich seit 1950 geändert - das haben manche Einzelhändler noch nicht verstanden. Sie schließen ihre Läden, wenn ihre Kunden Zeit zum Einkaufen haben: in der Mittagspausenzeit, am Samstag ab Mittags und in der Ferienzeit (das habe ich z. B. jetzt gerade zwischen Weihnachten und Neujahr festgestellt, als ich in der Innenstadt in einem Textilfachgeschäft einkaufen wollte). Gerade für kleine Läden bedeuten kundenfreundlichere Öffnungszeiten natürlich Mehrkosten (wenn man beispielsweise eine Ablösung für die Mittagspause organisieren muss), aber andererseits: Kunden, die man wegen kundenunfreundlicher Öffnungszeiten an die Konkurrenz verloren hat, kommen auch nicht wieder, wenn sie in ihrer Urlaubszeit in der Stadt sind und der Laden zufällig mal zur selben Zeit geöffnet hat.

Kundentoiletten
Ich kriege die Krise, wenn ich nach einem Fußmarsch in die Innenstadt in einem Kleinstadt-Kaufhaus oder einem Supermarkt einkaufe und auf meine dringliche Frage beim Bezahlen an der Kasse nach einer Kundentoilette gesagt bekomme, dass es keine gäbe, es aber am anderen Ende der Einkaufsmeile eine öffentliche Toilette gäbe. Meine vielleicht positive Einstellung zu dem Laden schlägt sofort ins Negative um, wenn ich feststelle, dass ich als Kunde dem Besitzer keine gepflegte Kundentoilette wert bin. Verständnis habe ich dafür nur bei wirklich winzigen Läden.

Jeder Laden braucht eine Laden-Website
Die meisten, die mit dem Internet vertraut sind - und das ist inzwischen die Mehrheit -, suchen auch im Internet mit Suchmaschinen nach Geschäften oder Dienstleistern und nicht umständlich in "Gelbe-Seiten-Telefonbüchern". D. h.: Auch kleine lokale Geschäfte brauchen heutzutage eine Internetseite, auf der mindestens das allgemeine Angebot vorgestellt wird (was für wen geboten wird), die Öffnungszeiten verlässlich genannt werden (Änderungen an Feiertagen nicht vergessen) und Kontaktmöglichkeiten mit sofortiger Reaktionsmöglichkeit (Telefon oder Kontaktformular/E-Mail, das stündlich gelesen wird) geboten werden. Schon auf einer einfachen Laden-Website kann man seine Besonderheiten herausstellen und/oder auf Sonderaktionen aufmerksam machen. Die Laden-Website ist das Schaufenster im Internet - Design, Texte und sonstiger Inhalt sollten das Image, das der Laden hinsichtlich Qualität, Sorgfalt, Zuverlässigkeit etc. haben will, widerspiegeln.

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Online-Shop als Ergänzung zum stationären Laden
Optimal ist natürlich, wenn es ein Geschäft nicht nur stationär, sondern parallel auch als Online-Shop im Internet/mobil gibt. Dann könnte man sich etwas aussuchen und danach zur Anprobe und Abholung zum Laden gehen. Bzw.: Wenn jemand nicht so gut zu Fuß ist oder Zeit sparen möchte, aber dennoch bei lokalen Unternehmen/Geschäften einkaufen will, könnte er/sie sich die Waren über den Online-Shop aussuchen und liefern lassen. Über einen Online-Shop kann das stationäre Geschäft seinen Kundenkreis erweitern, da sein Angebot dann fast weltweit im Internet sichtbar ist. Beim Online-Shop ist das Erscheinungsbild und die professionelle Realisierung (Kopplung an Lagerbestände etc.) und Verkaufsabwicklung natürlich besonders wichtig.

Zusammenarbeiten mit der Stadt

Städte können nicht mehr darauf vertrauen, dass sie schon alleine wegen ihrer Geschäfte ein beliebtes "Ausflugsziel" sind. Wenn sie Menschen in die Städte bekommen möchten, dann müssen sie mehr bieten als Shopping.

Events, die den Innenstadt-Besuch interessanter machen
Da es auch im Interesse der Stadt liegt, dass in Geschäften der eigenen Stadt eingekauft wird, könnten sich die Ladenbesitzer mit Vertretern der Stadt zusammensetzen und beratschlagen, wie man den Innenstadtbesuch zu Ladenöffnungszeiten interessanter machen kann - z. B. durch ein Event-Programm oder durch besondere ständige Attraktionen. Damit das dann auch ein Erfolg wird, muss natürlich auch das entsprechende Marketing über alle Medien hinweg (nicht nur Plakate und Tageszeitungen, sondern auch Facebook, Twitter & Co.) betrieben werden.

Mehr und modernere öffentliche Toiletten
Nennt mich Toilettenfetischist, aber meiner Meinung nach sind gepflegte, komfortable Toiletten in normal beheizten Räumen ein Zeichen von Kultur - für das ich auch gerne bereit bin, zu bezahlen. Ich verstehe ja, wenn ein winziger Laden keine Kundentoilette hat, aber ich verstehe es nicht bei Kleinstadtkaufhäusern oder großen Supermärkten - und erst recht nicht, wenn eine Stadt darauf zu wenig Wert legt. Mich jedenfalls kann fehlende Toilettenkultur durchaus vom Einkaufen in der Stadt abhalten.

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