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Sonntag, 6. November 2022

Politisch korrekt einkaufen - wo sind die Grenzen?

Verbraucher haben Macht: Was und von wem sie etwas für wie viel Geld kaufen, hat durchaus Einfluss. Doch es ist nicht einfach, ein politisch korrekter Verbraucher zu sein und mit dem richtigen Einkaufen die Welt zu retten. (Meinungsbeitrag, erste Veröffentlichung 17.10.2016, aktualisiert am 6.11.2022, Werbung wegen Markennennungen, unbezahlt)

Selig sind die, die beim Einkaufen nur auf den Preis schauen und das Produkt mit dem günstigsten Preis wählen, denke ich manchmal, wenn ich die Qual der Wahl habe. Ich muss beim Shoppen daran denken, wer von meinem Einkauf profitiert und noch mehr: wer nicht und ob und wie ich mit meinem Einkauf ein Zeichen setzen will.

Einkaufskriterien

Die, die grundsätzlich nur nach dem Preis schauen und die billigsten Eier kaufen, sind oft Menschen mit sehr wenig Geld, die gar keine Wahl haben, wenn sie bis zum Monatsende auskommen wollen, und solche, denen Sparen durch das Aufwachsen in der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit zur zweiten Natur geworden ist, sie können nicht mehr umlernen (für uns jüngere oft unverständlich, wenn die dann aber Geld für Hummelfiguren, Echtschmuck und überteuerte Körperpflegeprodukte vom Teleshopping-Sender haben, wenn ihnen dort kundig suggeriert wird, dass sie sich damit selbst etwas gönnen, ein Pflaster auf das Kindheitstrauma). Mit beiden möchte ich in Wahrheit gar nicht tauschen.

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Aber wenn man genauer hinschaut, sind wir gar nicht so verschieden: Denn, auch wenn ich mit Modeschmuck zufrieden bin und ein etwas günstigeres Shampoo statt der teureren Varianten kaufe, damit ich mir statt der billigen Eier aus der Legehennenbatterie Bio-Eier und andere Bioprodukte von glücklicheren Tieren leisten kann, geht es auch mir in Wahrheit nicht nur um das Huhn, das weniger leiden muss, um die Natur und den Landwirt, sondern ich habe ebenfalls persönliche Gründe: Ich brauche ein Pflaster für mein Gewissen - für zu viel gereiste Flugmeilen in jungen Jahren, für aus Bequemlichkeit zu häufiges Autofahren, für die im Laufe der Jahre getätigten Fehlkäufe und andere Umweltsünden.

Bio oder regional - was sticht?

Während mir die Entscheidung für Bio-Produkte und besonders für Bio-Tierprodukte noch leichtfällt, weil ich mir möglichst gesundes Essen wünsche und außerdem möchte, dass Tiere ein einigermaßen gutes Leben haben und als Lebewesen respektiert werden, außerdem, dass die bäuerliche Bio-Landwirtschaft überlebt und mehr Natur und Vielfalt erhalten bleibt, bin ich mir manchmal nicht sicher, wie politisch korrekt die Bevorzugung regionaler Produkte eigentlich ist. Okay, wenn ich beim regionalen (Bio-)Bauern im Hofladen oder vom Handwerker direkt kaufe, dann macht das für mich Sinn, weil dieser kein Geld an Handelsketten abgeben muss, außerdem weil Arbeitsplätze in meiner Region erhalten bleiben, weil sowohl traditionelle Produkte und Produktionsweisen der Region erhalten bleiben und von einem etwaigen Überschuss sogar Innovationen finanziert werden können - ganz abgesehen von der häufig niedrigeren Klimabelastung (CO2-Fußabdruck). Wenn die regionalen Produkte aber aus einem Agrarindustrie-Betrieb stammen und/oder über eine ausbeuterische Handelsstruktur vertrieben werden, ist der Sinn für mich schon weitgehend dahin. Aber allgemein gefragt: Wenn man die Wahl zwischen Bioware aus dem Ausland und konventionell erzeugter Ware aus der Region hat, für was soll man sich da entscheiden?

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Stationär versus online - was ist vertretbar?

Apropos Handel: Muss man als Verbraucher im stationären Geschäft vor Ort einkaufen - wegen der Arbeitsplätze im Handel, der Steuereinnahmen der Region und der Belebung der Innenstädte in der Umgebung - oder darf man auch über einen deutschen Online-Shop, vielleicht sogar bei einem deutschen Online-/Versandhändler (wie OTTO.de * & Co.) online einkaufen?

Sind die großen amerikanischen Player (Ebay, Amazon etc.) grundsätzlich nur böse (Steuervermeidung, Lohndumping etc.) und daher zu vermeiden oder haben wir ihnen nicht einen besseren Kundenservice zu verdanken? Manche erinnern sich vielleicht noch an das allgemeine Klagen über die Servicewüste Deutschland vor 30 Jahren. Die Kundenwünsche wurden durch die wachsende Online-Konkurrenz wieder mehr in den Vordergrund gerückt (inzwischen empfinde ich das allerdings als teilweise wieder rückläufig). Dass diese neuen Online-Handelsplattformen nicht nur schlecht waren/sind, zeigen aber auch die vielen in Deutschland neu gegründeten (Klein-)Unternehmen auf diesen Plattformen. Dahinter stecken Menschen, die ihre Waren verkaufen und so in Regionen mit schlechten Jobaussichten, aber günstigeren Mieten wohnen bleiben können und in diesen Gemeinden Steuern zahlen, was hilft, diese am Leben zu erhalten.

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Und wie positioniert man sich eigentlich zu chinesischen Online-Plattformen wie Alibaba? Grundsätzlich ablehnend? Andererseits können manche deutschen Händler und Produzenten nur mit den billig in China eingekauften Materialien und Waren konkurrenzfähig bleiben. Aber dieses System drückt auf die Löhne bei uns - darf man das unterstützen?

Wo bleibt die Gerechtigkeit?

Ist die Bevorzugung regionaler Produkte gerecht? So gerne ich die eigene Region unterstützen möchte: Auch unsere europäischen und außereuropäischen Nachbarn benötigen Arbeit und Geld. Ich fühle mich auch der jungen, arbeitslosen Spanierin und genauso dem armen, griechischen Schafhirten verbunden und möchte sie unterstützen, indem ich etwas von ihnen oder ihrer Region kaufe.

Und wo ist die Grenze für Empathie oder Fairness? Die Ränder der EU? Europas? Aller westlichen Staaten/Kontinente?

Auch die Menschen in Afrika, Asien und Südamerika brauchen Arbeit und Geld. Wie sollen die Armen dort jemals ein besseres Leben haben können, wenn wir, die wir im reicheren Land wohnen, nur widerwillig von ihnen kaufen, ihre Märkte aber mit unseren Exporten subventionierter Produkte vereinnahmen, so dass dort die Einheimischen kaum Chancen mit ihren eigenen Produkten und Waren haben. Okay, es gibt den fairen Handel: Wir kaufen ein paar Luxusprodukte wie Kaffee, Tee, Schokolade und Schnittblumen mit Fair-Trade-Siegel aus diesen Ländern. Aber kann das jemals reichen?

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Fragen über Fragen, die sich ein bewusster Verbraucher bei jedem Produkt oder zumindest bei jeder Produktgruppe beantworten muss. Und dabei haben wir noch gar nicht von Qualität gesprochen... Und dann ist bei Lebensmitteln auch noch zu entscheiden, ob vegan, vegetarisch, flexitarisch oder Gemischtkost, ob low-carb oder low-fett, ob...

Seufz. Mit dem monatlichen Budget nicht nur Waren, sondern auch Gerechtigkeit zu kaufen und damit die Welt zu verbessern, ist verdammt schwer.


* Werbelink

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Freitag, 4. Januar 2013

Lokale stationäre Geschäfte und Städte müssen sich ändern

Ich will ja gerne mehr über den lokalen stationären Einzelhandel kaufen, um ihn zu erhalten. Aber der macht es einem nicht immer leicht, ihn zu lieben und bei ihm einzukaufen. Was müsste passieren, damit man öfter in einem Laden der eigenen Stadt oder nächsten Großstadt einkauft anstatt bei Amazon, Ebay & Co.? Ein paar Vorschläge aus Verbrauchersicht, mit denen man die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen stationären Geschäfte verbessern könnte - mit der Bitte um eure/Ihre Ergänzung per Kommentar.

Kürzlich habe ich in meinem Text- und Kommunikations-Blog und in einem Beitrag bei Deutschlandradio Kultur darüber lamentiert, dass der lokale stationäre Einzelhandel - die lokalen stationären Geschäfte allgemein und unsere Einkaufsmeilen mit Shopping-Tempeln, Boutiquen, Restaurants und Straßenkünstlern im Besonderen - verloren geht, wenn wir alle immer mehr im Internet, vor allem über ausländische Großunternehmen, kaufen.

Stationärer Handel

Ich gebe zu, ich bin auch schuld an dieser Entwicklung, denn aus Begeisterung für Amazon, Ebay und Co. habe ich in den vergangenen Jahren selbst fast alles im Internet gekauft. Ausschlaggebend dafür war manchmal der Preis, vor allem aber waren es die große Auswahl und die Bequemlichkeit. Doch irgendwie hatte ich immer im Hinterkopf: Wenn ich will, dann kann ich jederzeit wieder in die Stadt gehen und dort einkaufen. Nun muss ich feststellen, dass dem nicht so sein wird: Dadurch, dass immer mehr Leute online einkaufen, gehen die Läden in den Städten pleite - sie haben nicht genug Reserven, um darauf warten zu können, dass wir uns an sie erinnern. Und mit den Läden geht dann auch ein Teil der Gewerbesteuereinnahmen der Städte flöten und mit ihnen Geld für Kultur und andere städtische Ausgaben. Denn statt in die stationären Geschäfte, die Arbeitsplätze unserer Nachbarn und Ausbildungsplatz unserer Kinder sind, fließt unser Geld beim Internet-Shopping häufig an international agierende Unternehmen, die ihre Einnahmen zu einem möglichst großen Teil in Luxemburg versteuern und bei uns vor allem Niedriglohn-Jobs als Picker und Packer bieten.

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Ich möchte einen Gegentrend starten und natürlich auch selbst wieder mehr in die Innenstadt gehen bzw. im lokalen Einzelhandel kaufen. Bei meinen ersten Versuchen habe ich mich allerdings gleich über ein paar Dinge geärgert. Doch statt gleich den Rückzug ins Internet anzutreten, möchte ich die Mängel aus Verbrauchersicht auf den Tisch bringen bzw. Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen.

Was könnten lokale stationäre Geschäfte besser machen?

Die Geschäfte in den Innenstädten, die hohe Mieten zahlen müssen, können sich natürlich nicht über Niedrigstpreise von der Online-Konkurrenz abheben. Aber es gibt andere Möglichkeiten - vor allem, was kundenfreundliches Verhalten und Serviceangebote angeht, ist noch viel Luft nach oben.

Kundenzentrierte und fachkundige Beratung
Kundenservice ist ein weites Feld und fängt bei einer fachkundigen Beratung an. Der Verkäufer oder Einzelhändler muss hier nachhaltig denken und handeln: Nur ein gut beratener Kunde kommt wieder. Der Kunde, dem etwas Unnützes aufgeschwatzt wurde, informiert sich das nächste Mal lieber selbst im Internet und kauft dann wahrscheinlich auch dort.

Bestell- und Lieferservice anbieten
Kunden heutzutage sind im Zeitdruck. Sie möchten kaufen und mitnehmen - nicht noch einmal wiederkommen, wenn eine ausverkaufte Ware wieder eingetroffen ist. Wenn die vom Kunden gewünschte Ware nicht auf Lager ist, könnte der Einzelhändler dem Kunden anbieten, sie zu bestellen und ihm nach Hause zu liefern bzw. schicken zu lassen.

Montage- und Reparaturservice
Meine Mutter war, was die Anschaffung von Elektrogeräten betrifft, schlauer als ich - sie hat sich nicht von günstigeren Preisen im Internet oder von Geiz-ist-geil-Geschäften verführen lassen, sondern kauft ihren Fernseher und ähnliche Geräte immer beim Elektrofachmann in ihrem Dorf. Der bringt und montiert das Gerät und übergibt es ihr eingestellt und gebrauchsfertig. Benötigt ein Gerät nach Jahren vielleicht eine Reparatur, dann kommt er mit einem kostenlosen Ersatzgerät für die Zeit der Reparatur. Mit solchen Serviceangeboten kann sich der Einzelhändler vor Ort von der Billig-Konkurrenz im Internet abgrenzen. Aber er muss dann auch deutlich kommunizieren, dass sein guter Service dem Kunden den Verpackungsmüll und stundenlanges Lesen unverständlicher Gebrauchsanweisungen erspart und er auf Fernsehen oder ähnliches auch während der Reparaturzeit nicht verzichten muss.

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Kundenorientierte Öffnungszeiten
Die Zeiten haben sich seit 1950 geändert - das haben manche Einzelhändler noch nicht verstanden. Sie schließen ihre Läden, wenn ihre Kunden Zeit zum Einkaufen haben: in der Mittagspausenzeit, am Samstag ab Mittags und in der Ferienzeit (das habe ich z. B. jetzt gerade zwischen Weihnachten und Neujahr festgestellt, als ich in der Innenstadt in einem Textilfachgeschäft einkaufen wollte). Gerade für kleine Läden bedeuten kundenfreundlichere Öffnungszeiten natürlich Mehrkosten (wenn man beispielsweise eine Ablösung für die Mittagspause organisieren muss), aber andererseits: Kunden, die man wegen kundenunfreundlicher Öffnungszeiten an die Konkurrenz verloren hat, kommen auch nicht wieder, wenn sie in ihrer Urlaubszeit in der Stadt sind und der Laden zufällig mal zur selben Zeit geöffnet hat.

Kundentoiletten
Ich kriege die Krise, wenn ich nach einem Fußmarsch in die Innenstadt in einem Kleinstadt-Kaufhaus oder einem Supermarkt einkaufe und auf meine dringliche Frage beim Bezahlen an der Kasse nach einer Kundentoilette gesagt bekomme, dass es keine gäbe, es aber am anderen Ende der Einkaufsmeile eine öffentliche Toilette gäbe. Meine vielleicht positive Einstellung zu dem Laden schlägt sofort ins Negative um, wenn ich feststelle, dass ich als Kunde dem Besitzer keine gepflegte Kundentoilette wert bin. Verständnis habe ich dafür nur bei wirklich winzigen Läden.

Jeder Laden braucht eine Laden-Website
Die meisten, die mit dem Internet vertraut sind - und das ist inzwischen die Mehrheit -, suchen auch im Internet mit Suchmaschinen nach Geschäften oder Dienstleistern und nicht umständlich in "Gelbe-Seiten-Telefonbüchern". D. h.: Auch kleine lokale Geschäfte brauchen heutzutage eine Internetseite, auf der mindestens das allgemeine Angebot vorgestellt wird (was für wen geboten wird), die Öffnungszeiten verlässlich genannt werden (Änderungen an Feiertagen nicht vergessen) und Kontaktmöglichkeiten mit sofortiger Reaktionsmöglichkeit (Telefon oder Kontaktformular/E-Mail, das stündlich gelesen wird) geboten werden. Schon auf einer einfachen Laden-Website kann man seine Besonderheiten herausstellen und/oder auf Sonderaktionen aufmerksam machen. Die Laden-Website ist das Schaufenster im Internet - Design, Texte und sonstiger Inhalt sollten das Image, das der Laden hinsichtlich Qualität, Sorgfalt, Zuverlässigkeit etc. haben will, widerspiegeln.

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Online-Shop als Ergänzung zum stationären Laden
Optimal ist natürlich, wenn es ein Geschäft nicht nur stationär, sondern parallel auch als Online-Shop im Internet/mobil gibt. Dann könnte man sich etwas aussuchen und danach zur Anprobe und Abholung zum Laden gehen. Bzw.: Wenn jemand nicht so gut zu Fuß ist oder Zeit sparen möchte, aber dennoch bei lokalen Unternehmen/Geschäften einkaufen will, könnte er/sie sich die Waren über den Online-Shop aussuchen und liefern lassen. Über einen Online-Shop kann das stationäre Geschäft seinen Kundenkreis erweitern, da sein Angebot dann fast weltweit im Internet sichtbar ist. Beim Online-Shop ist das Erscheinungsbild und die professionelle Realisierung (Kopplung an Lagerbestände etc.) und Verkaufsabwicklung natürlich besonders wichtig.

Zusammenarbeiten mit der Stadt

Städte können nicht mehr darauf vertrauen, dass sie schon alleine wegen ihrer Geschäfte ein beliebtes "Ausflugsziel" sind. Wenn sie Menschen in die Städte bekommen möchten, dann müssen sie mehr bieten als Shopping.

Events, die den Innenstadt-Besuch interessanter machen
Da es auch im Interesse der Stadt liegt, dass in Geschäften der eigenen Stadt eingekauft wird, könnten sich die Ladenbesitzer mit Vertretern der Stadt zusammensetzen und beratschlagen, wie man den Innenstadtbesuch zu Ladenöffnungszeiten interessanter machen kann - z. B. durch ein Event-Programm oder durch besondere ständige Attraktionen. Damit das dann auch ein Erfolg wird, muss natürlich auch das entsprechende Marketing über alle Medien hinweg (nicht nur Plakate und Tageszeitungen, sondern auch Facebook, Twitter & Co.) betrieben werden.

Mehr und modernere öffentliche Toiletten
Nennt mich Toilettenfetischist, aber meiner Meinung nach sind gepflegte, komfortable Toiletten in normal beheizten Räumen ein Zeichen von Kultur - für das ich auch gerne bereit bin, zu bezahlen. Ich verstehe ja, wenn ein winziger Laden keine Kundentoilette hat, aber ich verstehe es nicht bei Kleinstadtkaufhäusern oder großen Supermärkten - und erst recht nicht, wenn eine Stadt darauf zu wenig Wert legt. Mich jedenfalls kann fehlende Toilettenkultur durchaus vom Einkaufen in der Stadt abhalten.

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